Vivian

Dies ist die Geschichte von Vivian. Im Alter von neun Monaten verhungerte sie an einem Wochenende im Juli 2000 allein gelassen in einer Wohnung in Schwerin.

Vivian kam im Oktober 1999 in Schwerin zur Welt und lebte dort bei ihrer 20-jährigen Mutter. Diese vergaß schon nach wenigen Wochen häufig ihre Tochter zu füttern oder sparte gezielt an der Kindernahrung, um sich selber mehr Ecstasy kaufen zu können. Auch sonst schien niemand sich sonderlich für Vivians Wohl interessiert zu haben, einen offiziellen Vater des kleinen Mädchens gab es nicht.

An einem Freitag im Juli 2000 verließ die Mutter dann die Wohnung, ihre kleine Tochter blieb allein zurück. Die Mutter nahm erneut Drogen ein, feierte sich durch das Wochenende und kehrte erst am Sonntag zurück nach Hause. Da war Vivian bereits verstorben, an Hunger und Durst.

Die Mutter nahm das kleine, unterernährte Mädchen, wickelte sie in ein Badehandtuch und legte sie in eine Reisetasche. Anschließend entsorgte sie die Tasche mit ihrer Tochter im Hausmüll und verschwand nach Hamburg. Dort finanzierte sie sich ihre Drogensucht, indem sie der Prostitution nachging.

Nachdem die Eltern der 20-jährigen einige Zeit vergeblich versucht hatten, mit ihrer Tochter in Kontakt zu treten, aber Vivians Mutter nichts mehr von sich hören lies, gaben die Großeltern des kleinen Mädchens eine Vermisstenanzeige bei der Polizei auf.

Am 21. November 2000 kontrollierte zufällig eine Polizeistreife in Hamburg die 20-jährige, um ihre Personalien zu überprüfen.

So kam es, dass Vivians Tod aufgedeckt wurde.

In einer Befragung gab die junge Mutter unumwunden zu, ihre Tochter getötet und im Hausmüll entsorgt zu haben. Daraufhin wurde sie in Untersuchungshaft genommen.

Die Suche nach Vivians Leiche wurde wenige Tage nachdem die Mutter aussagte, ihre Tochter entsorgt zu haben, im November 2000 eingestellt. Vermutet wurde Vivians Körper unter einem drei bis 15 Meter hohen Müllberg auf der Deponie Schönberg (Landkreis Nordwestmecklenburg). Da es Monate gedauert hätte, bis der Müllberg Stück für Stück abgetragen wäre, der Betrieb vor Ort bis dahin nicht normal weiterlaufen hätte können und Vivians Körper wahrscheinlich auf Grund der hohen Temperaturen vermutlich bereits verwest war, wurde die Suche aufgegeben.

Vivians letzte Ruhestätte wurde die Mülldeponie. Ihr Sarg, eine alte Reisetasche.

Gerichtsurteil:
Im Juli des darauffolgenden Jahres wurde die Mutter von der Jugendstrafkammer des Landgerichts Schwerin zu einer Freiheitsstrafe von fünf Jahren verurteilt. Das Gericht urteilte auf Totschlag, Misshandlung von Schutzbefohlenen und mangelnde Fürsorge.

Der Prozess fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.

Es wurde vermutet, dass Vivians Mutter mit ihrer ungewollten Mutterrolle nicht zurecht gekommen war. Sie wollte nicht als Versagerin da stehen und sich auch von niemandem helfen lassen. Ihre Zuflucht waren Drogen und ausgiebiges Feiern in Discotheken.

Der Verteidiger von Vivians Mutter kündigte an, in Revision zu gehen. Er regte eine Bewährungsstrafe an und eine psychiatrische Behandlung.