Rassmieh

Diese Geschichte erzählt von Rassmieh. Sie starb fünf Wochen nach ihrer Geburt, am 09. Februar 2005, an den Folgen eines Schütteltraumas.

Rassmieh lebte mit ihren Eltern und ihrem anderthalb Jahre alten Bruder in einem dreigeschossigen Wohnhaus in Berlin-Reinickendorf. Nachbarn berichteten später, dass Rassmiehs Eltern immer freundlich gewesen seien. Der Vater ging mit seinem Sohn stets liebevoll um und ging oft mit seinen beiden Kindern spazieren. Kinderschreie oder aber auch Streit hätte man nie aus der Wohnung gehört. Alles in allem eine unauffällige Familie und bis dato dem Jugendamt nicht bekannt.

Am 07. Februar 2005 gegen 13.30 Uhr alarmierte Rassmiehs Mutter den Notarzt. Sie teilte mit, dass ihre Tochter bewusstlos sei und nicht mehr atmen würde. Notarzt und Rettungssanitäter konnten das kleine Mädchen noch reanimieren und Rassmieh wurde ins naheliegende Krankenhaus auf die Intensivstation eingeliefert.

Zwei Tage später, am 09. Februar 2005 um 14.00 Uhr verstarb Rassmieh an den Folgen ihrer schweren Verletzungen. Selbst Ärzte waren über das Ausmaß schockiert. Fünf Rippen des Säuglings waren gebrochen, der Körper übersät mit Blutergüssen. Zudem stellte sich heraus, dass Rassmieh durch Schläge und Tritte misshandelt worden war und dadurch auch ihre Wirbelsäule verletzt wurde. All diese Misshandlungen wurden dem fünf Wochen alten Mädchen allerdings schon zwei bis drei Wochen vor ihrem Tod zugefügt. Gestorben ist Rassmieh letztendlich, weil sie massiv geschüttelt wurde. Dies bestätigte auch die anschließende Obduktion.

Die 22- jährige Mutter und der Vater, 25 Jahre alt, wurden noch im Krankenhaus von Polizisten in Gewahrsam genommen. Wegen Mordverdachts wurden sie einem Haftrichter vorgeführt. Die Mutter wurde kurze Zeit später wieder auf freien Fuß gesetzt. Gegen den Vater, der beim Eintreffen des Notarztes nicht in der Wohnung gewesen war, wurde Haftbefehl wegen Totschlags erlassen.

Zwei Wochen saß Rassmiehs Vater in Untersuchungshaft. Schließlich wurde auch der Vorwurf gegen ihn fallen gelassen, da es keine genauen Anhaltspunkte für diese Tat gab.

Fast ein Jahr später setzte sich der 19-jährige Stiefenkel der Großmutter mit der Polizei in Verbindung. Dieser teilte mit, er habe gesehen, wie die Großmutter die kleine Rassmieh am 06. Februar 2005 während eines Familientreffens geschüttelt habe, um diese zu beruhigen. Schon in vorangegangen Vernehmungen teilte die besagte Großmutter mit, dass es in ihrer Heimat durchaus üblich sei, eine sogenannte Schüttelmethode anzuwenden, um etwaige Verspannungen zu lösen.

Laut den Ermittlungen und der Staatsanwaltschaft habe die Großmutter in ihrem Schlafzimmer die kleine Rassmieh kopfüber gehalten und kräftig geschüttelt, um Spannungen zu lösen. Dabei schlug der Hinterkopf des Mädchens gegen einen Gegenstand. Die Großmutter schüttelte wohl dann das schreiende Baby so lange weiter, bis es still war.

Gerichtsurteil:
Im Prozess wies die wegen Körperverletzung mit Todesfolge angeklagte Großmutter, selbst Mutter von 14 eigenen Kindern und zehn Stiefkindern, alle Vorwürfe stets von sich. Sie behauptete, dies alles wären nur Verleumdungen. Am 06. Februar 2005, dem Tag der angeblichen Tat, sei sie gar nicht bei Rassmieh gewesen. Aus angeblichen Unstimmigkeiten und Hass innerhalb der Großfamilie hätte man diese Geschichte erfunden und ihr auferlegt.

Im Juni 2008, drei Jahre nach Rassmiehs Tod, wurde die Großmutter aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Das Landgericht begründete dies damit, dass auch andere Täter in Frage kommen könnten. Laut einem Gutachten hätten die Verletzungen womöglich auch aus der Nacht vor dem 06. Februar 2005 herrühren können.

Ausreichend Beweise zu finden gestaltete sich ohnehin als sehr schwierig, da viele Angehörige der Familie ihre Aussage verweigerten. Der Stiefenkel, welcher zuvor die Großmutter belastet hatte, schwieg im Prozess. Da ihm aber ein  Aussageverweigerungsrecht nicht zustand, musste er 400 € Ordnungsgeld zahlen.

Wer Rassmieh einige Wochen vor ihrem Tod die schweren Verletzungen zugefügt und sie letztendlich zu Tode geschüttelt hatte, wurde nie aufgeklärt.