Nathalie

Das ist die Geschichte von Nathalie aus Duisburg. Sie verstarb am 22. August 2004 im Alter von vier Jahren an den Folgen der Misshandlungen, die ihr durch ihren Stiefvater zugefügt wurden.

Sie wurde am Autobahnkreuz Duisburg-Kaisersberg neben der Fahrbahn verscharrt. Dort wurde sie fast ein Jahr später, im Juni 2005 gefunden.

Nathalies Familienverhältnisse würde man als schwierig beschreiben können. Die Mutter trennte sich von Nathalies Vater, verlor ein Kind mutmaßlich durch den plötzlichen Kindstod, wechselte häufig die Wohnorte und ihre Partner. Nachdem sie mit Nathalies Stiefvater eine gemeinsame Tochter bekam, begann für das kleine Mädchen ihr Martyrium.

Der Stiefvater beschrieb Nathalie als schwieriges Kind. Sie habe häufig eingenässt und nicht ordentlich gegessen. Laut seiner Aussage schlugen die Mutter und er das Kind regelmäßig in gleichem Maße. Nathalies Mutter bestritt dies, da es gegen ihren Erziehungsgrundsatz verstoßen würde. Zwar habe sie von den Misshandlungen ihres Partners an Nathalie gewusst, doch habe sie diesen nie beigewohnt und auch an Nathalie selber keine Spuren von Schlägen feststellen können.

Als Nathalie eines nachmittags eine gepackte Reisetasche auskippte und eine Nagelschere in das Bett ihrer kleinen Schwester warf, eskalierte die Situation. Der Stiefvater prügelte minutenlang auf das Mädchen ein und schlug ihr schlussendlich stark ins Gesicht.

Am nächsten Morgen konnte diese ihren Kopf nicht mehr gerade halten. Der Stiefvater beruhigte die Mutter jedoch und beteuerte ihr, dass alles gut werden würde. Nathalie begann zu erbrechen, behielt nichts mehr bei sich und war Stunden später nicht mehr in der Lage, aufzustehen. Sie wurde zunehmend weniger ansprechbar und verstarb, ohne dass die Eltern einen Arzt riefen.

Der Stiefvater versuchte das kleine Mädchen wiederzubeleben. Als sie nicht wieder zu atmen begann, nahm er sie mit in sein Auto und brachte sie zu einem Autobahnkreuz auf der A3. Dort hob er ein 45cm tiefes Erdloch aus, in welches er Nathalie legte.

Nathalie verschwand stumm aus dem Leben der Familie, der Nachbarschaft, des Freundeskreises. Sie ging nicht mehr in den Kindergarten, wurde nicht mehr im Garten oder auf der Straße gesehen.

Die Nachbarn, die bereits zuvor Meldung beim Jugendamt gemacht hatten, weil es häufig Kindergeschrei gegeben habe und Nathalie in den Monaten vor ihrem Tod kaum noch das Haus verließ, fragten die Eltern nach dem Mädchen. Sie sagten ihnen, dass Nathalie bei Verwandten in Flensburg sei. Das Drängen der Nachbarn und des Kindergartens nahm zu, als Nathalie auch Monate später nicht wieder auftauchte und niemand mehr von ihr sprach. Die Kripo schaltete sich zehn Monate nach ihrem Tod ein und befragte den Stiefvater nach dem Verbleib seiner Tochter. Gegenüber der Polizei konnte er seine Aussage nicht standhalten und so führte er die Beamten zu Nathalies Grab. Anschließend sagte er aus, dass Nathalie unerlaubterweise die Medikamente ihrer Mutter genommen habe und daran verstorben sei. Ihre Mutter wurde ebenfalls festgenommen und verhört und gab unumwunden zu, was wirklich geschehen war.

Eine Obduktion konnte aufgrund des hohen Verwesungsgrades des Leichnams von Nathalie nicht mehr stattfinden.

Gerichtsurteil:
In dem Prozess gegen die Eltern gaben beide schlussendlich zu, die Tat begangen zu haben. Beide wurden aufgrund von Körperverletzung mit Todesfolge verurteilt. Der Stiefvater erhielt neun Jahre ohne Bewährung, die Mutter sieben Jahre.

Der Journalist Stefan Endel schrieb im Kontext zum Prozess nachgenannte Worte, die das Leben und den Tod von Nathalie nicht hätten besser beschreiben können:

Arme kleine Nathalie, dein Leben war nach 4 Jahren schon zu Ende, bevor es richtig losgehen konnte. Du wurdest immer geschlagen, du bist still und jämmerlich gestorben, du wurdest heimlich verbuddelt wie illegaler Hausmüll. Und niemand hat dich vermisst. Ein Jahr lang nicht!