Dies ist die Geschichte von Marianna und Lorena aus Köngen. Die beiden zehn und sieben Jahre alten Schwestern verloren gemeinsam ihr Leben – grausam getötet durch ihre Mutter in der Nacht zum 02. November 2014.
Nicht immer fallen Kindstötungen milieuproblematischen Eltern zur Last. Das Schicksal von Marianna und Lorena beginnt in einem Umfeld, das keine finanziellen Sorgen, keine Verwahrlosung, keine Arbeitslosigkeit oder Alkohol- und Drogenkonsum mit sich brachte. Die Geschwister lebten in sehr geordneten Verhältnissen und bewohnten mit ihren Eltern ein schönes Eigenheim im Kreis Esslingen. Auf den ersten Blick schien ihre Kindheit glücklich und erfüllt zu sein. Und dennoch barg dieses Leben ein unfassbar grausames Schicksal.
Mariannas und Lorenas 41-jährige Mutter führte ein zurückgezogenes Leben. Als Hausfrau und Mutter konzentrierte sie sich voll und ganz auf den Familienalltag. Insbesondere auf ihre Kinder, auf die sie sehr fokussiert war. Sie bemühte sich stets liebevoll um das Wohlergehen der beiden Mädchen, denen es an nichts fehlte. Der 52-jährige Vater besaß eine gute Anstellung, mit der er die Familie finanziell rundum bestens versorgen konnte. Doch in der 10-jährigen Ehe traten Probleme auf. Die Mutter sah das Scheitern der Ehe auf die Familie zukommen, denn Marianns und Lorenas Vater sprach mehr und mehr von Veränderungen, die er sich wünschte. In der Mutter wuchs die Angst, dass sich ihr Mann von ihr trennen würde. Nicht nur die Trennung allein, sondern auch die Befürchtung, dass der Mann die beiden gemeinsamen Kinder – Marianna und Lorena-, mit sich nehmen könnte, schürte bei der Mutter maßgeblich den Gedanken daran, dass sie die Kinder töten wollte.
Im Herbst 2014 setze die Mutter ihren entsetzlichen Gedanken schließlich in die Tat um und tötete die beiden Mädchen während sie zu Hause schliefen und sich sicher und geborgen fühlten. Sie wählte hierfür eine Nacht, in welcher der Vater zur Verwandten verreist war und sie sich mit den beiden Kindern allein zu Hause befand. Die Nacht zum 02. November 2014.
Zum Tathergang wurde bekannt, dass die Mutter den beiden Kindern vor dem Zubettgehen ein Schlafmittel verabreichte. Dieses hatte sie sich kurz zuvor von einer Ärztin verschreiben lassen. Zunächst ging sie an das Bett von Marianna, die die ältere der beiden Schwestern war, und schnitt ihr die Pulsandern auf. Marianna aber erwachte und so folgte ein brutalter Kampf zwischen der Mutter und der schwer verletzten Marianna, die schließlich mit vierzig Messerstichen durch ihre Mutter getötet wurde.
Danach ging die Mutter in das Zimmer der kleinen Lorena, bei der sich die Wirkung des Schlafmittels voll entfaltet hatte und stach dem schlafenden Mädchen mit einem Messer in den Rücken. Die gerichtsmedizinische Untersuchung stellte später elf Messerstiche fest. Nach der brutalten Tat zog die Mutter den Mädchen Bademäntel an, legte sie auf ein Schlafsofa und deckte sie zu. Sie selbst legte sich zwischen die beiden toten Kinder und wollte sich ebenfalls die Pulsadern aufschneiden. Der Vater sollte sie und die beiden Mädchen nach seiner Rückkehr tot auffinden. Ihr Suizidversuch misslang jedoch. Und als der Vater am frühen Nachmittag telefonisch seine baldige Rückkehr auf dem Anrufbeantworter der Familie ankündigte, geriet die Mutter in Panik und wählte zwei Minuten später den Notruf, um die Polizei zu verständigen. Telefonisch teilte sie den Tod ihrer Kinder mit und gab auch an, selbst schwer verletzt zu sein. Dann verließ sie das Haus und traf auf eine Nachbarin. Auch ihr teilte sie den Tod ihrer Kinder mit und sprach zudem von den Trennungsabsichten ihres Mannes und davon, dass sie ohne ihre beiden Kinder nicht leben könnte. Die Rettungskräfte trafen zeitgleich mit dem Vater ein und hielten ihn davon ab, das Haus zu betreten.
Gerichtsurteil:
Im Prozess gab die Mutter an, dass sie aus tiefster Verzweiflung und getrieben durch ihre Verlustängste gehandelt habe. Sie bat ihren Mann und dessen Familie um Vergebung. Vehement beteuerte sie, dass ihre enormen Verlustängste der Auslöser für ihr Handeln gewesen seien. Ihre Befürchtungen begründete sie damit, dass sie in der Vergangenheit selbst eine Trennung von ihrem Mann in Erwägung gezogen hatte und dieser daraufhin sagte, dass er sie davon nicht abhalten würde. Die Kinder sollten in diesem Fall jedoch bei ihm bleiben. Da die beiden Mädchen der Lebensmittelpunkt der Mutter waren, konnte sie sich mit einem möglichem Verlust keinesfalls arrangieren, denn die beiden Mädchen waren ihr „Ein und Alles“.
Eine Vielzahl von Zeugen bestätigte, dass die Mutter sehr zurückgezogen lebte und dass es keine Kontakte außerhalb der Kernfamilie gab. Als nun ihr Mann selbst von Veränderungen sprach, die er sich wünschte, schlussfolgerte sie, dass eine mögliche Trennung bevorstand. In ihrer Annahme fühlte sie sich bestätigt, als ihr Mann ohne sie und die beiden Mädchen kurzzeitig zu Verwandten reiste. Sie nahm an, dass ihr Mann sie bei seiner Rückkehr mit der Trennung konfrontieren würde und schmiedete ihren morbiden Plan.
Ein psychiatrisches Gutachten diagnostizierte der Mutter eine schizoid-paranoide Persönlichkeitsstörung. Diese sei von einem geringen Selbstwertgefühl, einem Gefühl der eigenen Unzulänglichkeit, emotionaler Distanziertheit und der Angewohnheit, auch freundlich gemeintes Verhalten der Mitmenschen als Bedrohung anzusehen, gekennzeichnet.
Das Gericht vertrat die Auffassung der vollen Schuldfähigkeit der Mutter und sah es als erwiesen an, dass hauptsächlich die Wut auf den Ehemann und das Besitzdenken der Mutter die treibenden Motive der Tötung gewesen waren. Die angeklagte Mutter hätte Marianna und Lorena als ihr „Eigentum“ betrachtet. Sie hatte folglich aus purem Egoismus gehandelt. Weiterhin war das Gericht davon überzeugt, dass die Ermordung der beiden Mädchen den Kindsvater quasi als Bestrafung treffen sollte, denn die Mutter machte ihn allein für die aussichtlose Lage und die mögliche bevorstehende Trennung verantwortlich. Und so wurde die grausame Tat durch die Richter der 9. Schwurgerichtskammer als Doppelmord aus Heimtücke gewertet.
Das Landgericht verurteilte die Mutter daraufhin 15. Juni 2015 wegen Mordes zu einer lebenslangen Haftstrafe.
Mariannas und Lorenas Vater ist traumatisiert, seiner Arbeit kann er nicht mehr nachgehen. Vor Gericht gab er an, dass eine Trennung seinerseits nicht bevorstand bzw. angedacht war. Er hätte lediglich den Wunsch nach einer Veränderung geäußert, denn seine Frau hätte das Familienleben in Teilen erheblich erschwert. Er hätte sich eine Verbesserung der Situation gewünscht und wollte durch Veränderungen, die die Familie entlastet hätten, eine Trennung abwenden.
Mit der Verurteilung der Mutter endet das traurige Schicksal von Marianna und Lorena, die unfassbar brutal aus ihrem Leben gerissen wurden und nicht weiterleben durften. In dem Herzen ihres Papas werden Marianna und Lorena immer ihre Plätze haben und nie vergessen sein. Ihm gilt unser vollstes Mitgefühl!