Diese Geschichte erzählt von Lilly aus Strausberg, die am 13.12.2013 starb. Sie wurde wenige Tage vor ihrem zweiten Geburtstag von ihrem Stiefvater auf unvorstellbare Weise gequält und misshandelt.
Lilly kam als kleinstes von drei Kindern zur Welt. Ihr Vater wird später erklären, dass sie ein absolutes Wunschkind gewesen sei. Jedoch hielt die Beziehung ihrer Eltern nicht, sie trennten sich und Lillys Mutter zog mit ihr und ihrem ältesten Bruder zu ihrem neuen Freund nach Strausberg. Dieser beteuerte zwar im Nachhinein, Lilly aufrichtig geliebt zu haben, Zeugen berichteten jedoch, er wäre sehr gefühlskalt gewesen und habe seine Stieftochter als „Mistbalg“ bezeichnet.
Am 11. Dezember 2013 kam es zu der unvorstellbaren Katastrophe. Die Mutter hatte im späteren Prozess ein umfassendes Geständnis abgelegt und schilderte die Tat wie folgt:
Am Nachmittag hatte die Familie Lillys Großvater besucht. Während des Besuchs habe Lilly geweint, was dem Stiefvater sehr missfiel, da Lilly seiner Aussage nach nur dann weinen durfte, wenn er es erlaubte. Am Abend, als Lilly bereits in ihrem Bettchen schlief und die Mutter mit ihrem Freund beim Abendessen saß, sei dieser unvermittelt aufgestanden und in das Zimmer ihrer kleinen Tochter gegangen. Er zerrte das schlafende Kind aus dem Bett und schüttelte es heftig. Als Lilly nur noch taumelte, zwang er sie, sich vor einen Heizkörper zu stellen und dort zu verharren. Die Mutter griff indes nicht ein, um ihre kleine hilflose Tochter zu beschützen. Später attackierte der Lebensgefährte Lilly erneut, schlug Lillys kleinen Kopf gegen Schränke und einen Heizkörper, ließ sie mehrfach aus anderthalb Metern Höhe auf den Boden fallen und stellte sich anschließend – ein Mann von 80kg – auf Lillys Bauch. Danach legte er Lillys inzwischen röchelnden und starren Körper ins Bett zurück und schrie:
„Ich gebe Dir noch eine halbe Stunde. Wenn Du dann nicht verreckt bist, drehe ich Dir den Hals um!“
Lillys Mutter hatte inzwischen vergeblich versucht, ihren Freund von den Misshandlungen abzuhalten. Als er sie später zum Bier holen zu einer Tankstelle schickte, nutzte sie diese Gelegenheit nicht, um Hilfe für ihr Kind zu holen. Erst am nächsten Morgen brachten sie und ihr Freund das bewusstlose Mädchen in ein Krankenhaus. Lilly wurde sofort notoperiert, jedoch konnten die Ärzte sie nicht retten. Lilly starb am 13.12.2013, wenige Tage vor ihrem zweiten Geburtstag. Aufgrund der Vielzahl und der Schwere ihrer Verletzungen informierten die Ärzte die Polizei. Noch im Krankenhaus erklärten die Eltern, Lilly hätte sich bei einem schweren Bremsmanöver am Tag zuvor als auch beim Ausrutschen in der Badewanne verletzt. Die Gerichtsmediziner stellten jedoch eindeutig die schweren Misshandlungen fest und es kam zur Anklage.
Gerichtsurteil:
Die Staatsanwaltschaft forderte für den Stiefvater lebenslängliche Haft wegen Mordes aus niederen Beweggründen, auch das Mordmerkmal der Grausamkeit sah die Anklage als erfüllt an.
Der Richter jedoch sah in der Tat lediglich ein „Abreagieren“, da der Angeklagte mit der Situation, den Kindern und seinem geringen Lehrlingseinkommen überfordert gewesen sei. Dies sei nicht als niederer Beweggrund zu werten. Auch die Grausamkeit stellte der Richter in Frage, da man nach den Aussagen der Gerichtsmedizin annehmen könne, Lilly hätte bereits nach dem ersten Schütteln bewusstlos gewesen sein können, womit die Grausamkeit widerlegt sei. Auch hatte die Mutter in ihren Schilderungen von keinerlei Schmerzensäußerungen ihrer kleinen Tochter berichtet.
Die Anklage argumentierte an dieser Stelle vehement, Lilly habe bereits verletzt minutenlang vor dem Heizkörper ausharren müssen, sie könne demnach nicht bewusstlos gewesen sein. Der Richter ging darauf in seiner Urteilsverkündung nicht ein und verurteilte den Lebensgefährten zu zwölf Jahren Haft aufgrund von Totschlag.
Für Lillys Mutter forderte die Anklage drei Jahre Haft wegen Aussetzens einer ihr anvertrauten und schutzbedürftigen Person. Jedoch wurde auch hier wieder der Zeitpunkt von Lillys Bewusstseinsverlust zum entscheidenden Streitpunkt. Da die Gerichtsmediziner nicht eindeutig feststellen konnten, welche der vielen Verletzungen für Lillys Tod verantwortlich waren, musste man davon ausgehen, dass schon das erste Schütteln todesursächlich hätte sein können und demnach ein Einschreiten der Mutter zu diesem Zeitpunkt bereits bedeutungslos gewesen wäre. Der Richter bezeichnete dies als „gewissen Glücksumstand“ zu Gunsten der Angeklagten.
Auch ihr umfassendes Geständnis sah das Gericht als strafmildernd an und verurteilte sie zu zwei Jahren auf Bewährung.
Nach der Urteilsverkündung sah man sie lachend und plaudernd Interviews geben.
Lillys leiblicher Vater und die Staatsanwaltschaft gingen in Revision. Die Staatsanwaltschaft zog ihre Revision allerdings später wieder zurück.
Der Bundesgerichtshof stellte den Mord aus niederen Beweggründen fest und verwies zurück an das Landgericht. Dieses erkannte sowohl den Mord als auch die besondere Schwere der Schuld an und verurteilte den Mann zu lebenslanger Haft.
Der Mörder der kleinen Lilly zeigte in beiden Prozessen keine Reue oder ein Bedauern seiner Tat und legte auch gegen dieses Urteil Revision ein.
Der Ausgang ist noch offen.