Dies ist die Geschichte der kleinen Leonie aus Lauchhammer. Im zarten Alter von knapp drei Monaten endete ihr Leben am 03. Juli 2011. Ihre eigene Mutter verletzte sie so schwer, dass sie daraufhin starb.
Leonies Start ins Leben begann bereits schwierig. Sie kam als Frühchen zur Welt und kämpfte sich ins Leben. Als kerngesundes Mädchen durfte sie nach einiger Zeit das Krankenhaus verlassen. Sie lebte mit ihrer Mutter und ihren zwei Geschwistern, damals zwei und neun Jahre alt, in einer Wohnung in Lauchhammer. Leonies Mutter galt bei Nachbarn als liebevoll und fürsorglich im Umgang mit ihren Kindern. Im späteren Gerichtsverfahren sprachen Zeugen von augenscheinlich immer gut gekleideten und gut versorgten Kindern.
In der Nacht zum 03. Juli 2011 jedoch veränderte sich dieses Bild der guten Mutter. Gegen 01.00 Uhr nachts zeichnete die örtliche Behörde einen Notruf auf, abgesetzt von den Nachbarn der Mutter.
Zu diesen eilte Leonies Mutter in dieser Nacht, als sie bemerkte, dass ihre kleine Tochter nicht mehr atmete. Der eingetroffene Notarzt versuchte noch in der Wohnung mit Wiederbelebungsversuchen und einer Beatmungsmaske Leonie ins Leben zurück zu holen, jedoch erlangte sie nicht mehr das Bewusstsein und verstarb in dieser Nacht.
Im Krankenhaus stellten die Mediziner bei Leonie Verletzungen an Kopf und Bauch fest. Wie in solchen ungeklärten Todesfällen üblich, wurde sie zur genaueren Abklärung der Todesursache in die Gerichtsmedizin gebracht. Da ihre Mutter sich zur Tatzeit als Einzige in der Wohnung aufhielt, geriet sie schnell in Verdacht der Ermittler und wurde festgenommen. Sie musste sich einer Blutuntersuchung aufgrund des Verdachts auf Alkoholmissbrauch unterziehen. Beim Eintreffen der Polizei war einem der Beamten der offensichtlich alkoholisierte Zustand der Mutter aufgefallen.
Der Test brachte erschreckende 1,8 Promille zum Vorschein, die Leonies Mutter in der Tatnacht hatte. Trotz dieser Erkenntnisse kam sie recht schnell wieder frei, da gegen sie kein dringender Tatverdacht bestand. Diesen Umstand erklärten die Ermittler und stellten klar, das auch ein Unfall in der Nacht nicht auszuschließen sei. Eine Untersuchungshaft war damit nicht begründet seitens der Justiz.
Am 05. Juli 2011 bestätigte der Bericht der anberaumten Obduktion, dass Leonie gewaltsam durch ein schweres Schädel-Hirn-Trauma verstarb, was nur durch schweres Schütteln entstanden sein konnte.
Weiterhin hatte die Staatsanwaltschaft die Mutter in Verdacht, jedoch wurden die Ermittlungen sehr bedeckt gehalten und keine Äußerungen dazu abgegeben. Es wurde sogar eine Nachrichtensperre verhängt, um weitere noch ausstehende Ermittlungen nicht zu gefährden. Die Ermittler waren sich nicht sicher, ob es Totschlag oder fahrlässige Tötung gewesen war. Denkbar war auch eine Körperverletzung mit Todesfolge. Schließlich wurde das Verfahren auf Verdacht des Totschlags gegen die Mutter eingeleitet. Tatsächlich dauerte es bis zum Prozessbeginn um den Tod der kleinen Leonie fast fünf Jahre.
Gerichtsurteil:
Am 19. Mai 2016 begann der Prozess gegen Leonies Mutter. Verhandelt wurde er vor dem Landgericht in Cottbus. Die Staatsanwalt warf der Mutter vor, dass sie in der Nacht zum 03. Juli 2011 ihre Tochter Leonie erst auf den Boden geworfen hatte und ihr dann mehrmals mit den Füßen gegen ihr Köpfchen getreten hatte, sodass sie Leonie schwer verletzte und das Mädchen aufgrund eines Schädel-Hirn-Traumas verstarb. Die Mutter wies die Vorwürfe von sich und behauptete bei ihrer Aussage, dass sie nichts getan habe, was zu solch massiven Kopfverletzungen hätte führen können. Im Laufe des Prozesses wurden mehrere Nachbarn als Zeugen gehört. Diese hatten ausgesagt, dass die Kinder augenscheinlich immer gut versorgt waren, jedoch kam es in der Wohnung der Mutter häufiger zu Lärmbelästigungen, sodass sogar mehrere Male die Polizei hinzugerufen werden musste. Einer Nachbarin, die öfter auf Leonie aufpasste, während die Mutter Besorgungen erledigte, fiel auf, dass diese zunehmend gereizt und überfordert wirkte. Das Jugendamt war bereits seit dem Jahr 2009 mit der Familie in Kontakt. Anfang des Jahres 2011 wurde der Mutter eine Familienhelferin zur Seite gestellt, um ihr bei der Versorgung der Kinder zu helfen. Diese Familienhelferin bestätigte Leonies Mutter einen guten Umgang mit ihren Kindern, jedoch bemerkte auch sie schnell, dass das Verhältnis zu Leonie komplizierter und schwieriger war als zu ihren Geschwistern.
Die Mutter konnte keine richtige Bindung zu ihrer jüngsten Tochter aufbauen, die Versorgung von Leonie empfand sie eher nervig. Sie wurde seitens des Amtes therapiert, um an der Bindung zu ihrem Kind zu arbeiten. Der Gutachter, der der Mutter eine verminderte Schuldfähigkeit bestätigte, schloss eine Persönlichkeitsstörung aber aus. Vielmehr hatte die Mutter aufgrund ihrer offensichtlichen Alkoholsucht eine leichte Anpassungsstörung und emotionale Defizite. Sie konnte ihre Muttergefühle nicht genießen und eine Beziehung zu Erwachsenen war gänzlich gestört. Sie wuchs bei einer ebenfalls alkoholkranken Mutter und einem gewalttätigen Stiefvater auf. In früher Jugend tat sie es ihrer Mutter gleich und begann zu trinken. Mit wechselnden Partnerschaften, in denen sie auch geschlagen wurde und fühlte sie dabei stets allein gelassen. Der Gutachter warf aber auch dem Jugendamt schwere Fehler vor. Immer wieder hatte es Zwischenfälle mit ihr gegeben. Es wurde sogar eine vorübergehende Inobhutnahme seitens des Amtes angeordnet. Aber die Kinder kamen wieder zurück zur Mutter, obwohl diese offensichtlich mit ihrer Alkoholsucht zu kämpfen hatte. Er war der Überzeugung, dass das Jugendamt in seinen Augen naiv und unbedarft gehandelt hatte. Der Gerichtsmediziner, der Leonies kleinen Körper untersuchte, stellte schwere Schädelverletzungen fest. Er ging davon aus, dass Leonie gegen einen harten Gegenstand geprallt war, die ein Schädel-Hirn-Trauma auslöste und schließlich zum Tod des Mädchens führte. Außerdem gab er an, dass Leonie einen Rippenbruch erlitten hatte und die Verletzungen teilweise schon einen Tag alt waren. Leonie wurde gequält vor ihrem Tod.
Leonies Mutter sagte in einer erneuten Befragung dazu, dass Leonie ihr vom Wickeltisch gefallen sei. Aus Angst, dass man ihr die Kleine wegnehmen könnte, da sie bereits getrunken hatte, rief sie keinen Arzt. Später bemerkte sie, dass Leonie nur noch röchelte und versuchte, sie wiederzubeleben. Dies misslang jedoch und so eilte sie in ihrer Not zu den Nachbarn, die einen Notarzt alarmierten. Diesen Verlauf der Geschehnisse glaubte ihr das Gericht nicht. Die Verletzungen waren einfach zu schwer und stimmten nicht mit den Aussagen der Mutter überein, dass Leonie nur vom Wickeltisch gefallen sein könnte.
Am 10. Juni 2016 verurteilte das Gericht die Mutter deshalb zu einer fünfjährigen Haftstrafe wegen Totschlags. In der Urteilsbegründung gab das Gericht an, das Leonie in der Nacht auf den Boden gefallen sein musste und die Mutter auf die wehrlose Leonie eingetreten hatte. Das Kind zog sich dabei so schwere Kopfverletzungen zu, dass es mit knapp drei Monaten verstarb.
Damit fiel das Urteil höher aus als die Staatsanwalt forderte. Diese hatte eine vierjährige Haftstrafe gefordert. Der Verteidiger deutete bereits an, eine Revision über den Bundesgerichtshof anzustreben. Unseren Erkenntnissen zufolge ist dies nicht geschehen und somit ist das Urteil rechtskräftig.