Julian

Dies ist die Geschichte vom kleinen Julian, der im Alter von fünf Jahren am 17. August 2010 nach einer mehrstündigen Prügelattacke an inneren Blutungen und schweren Hirnverletzungen starb.

Julian, der von seinem Umfeld als lieber, zurückhaltender und leicht schüchterner Junge beschrieben wurde, wohnte mit seiner Mutter, ihrem neuen Lebensgefährten und seinen beiden Brüdern, ein und drei Jahre alt, in einem Fachwerkhaus im niedersächsischen Delligsen (Weserbergland).

Vom leiblichen Vater der Kinder lebte die Mutter seit April 2009 getrennt. Beide hatten sich hinsichtlich Regelung der Besuchskontakte an das Jugendamt gewandt. Dieses suchte zu diesem Zweck die Familie einige Wochen später unangekündigt auf und befragte auch die Kinder. Dabei stellte das Jugendamt zu diesem Zeitpunkt keine Gefährdung der Kinder fest.

Auch als Julians Mutter zu einem Beratungsgespräch beim Jugendamt ihren neuen Lebensgefährten mitbrachte, deutete nichts auf eine Kindeswohlgefährdung hin. Das der neue Lebensgefährte Drogen konsumierte und oftmals aggressiv wurde, war dem Jugendamt nicht bekannt. Tatsächlich war allerdings Gewalt in der Familie allgegenwärtig und die Kinder bekamen oft den „Arsch voll“. Julian traf es dabei täglich.

Insgesamt hatten acht Kontaktaufnahmen zwischen der Familie und dem Jugendamt stattgefunden. Letztmalig am 10. August 2010, sieben Tage vor Julians Tod.

Auch in der Kindertagesstätte in dem 3700 Einwohner-Dorf, die Julian seit Anfang 2010 besuchte, gab es keine Anzeichen dahingehend, dass Julian regelmäßig zuhause misshandelt wurde.

Als die Mutter für einige Tage das Haus verlassen musste, um mit Julians einjährigem Bruder zu einer stationären Behandlung ins Krankenhaus zu fahren, ließ sie Julian und seinen dreijährigen Bruder bei ihrem  Lebensgefährten zurück.

In der Nacht vom 16. August 2010 auf den 17. August 2010 tötete der Lebensgefährte den kleinen Julian.

Er ging mehrfach in das Zimmer von Julian, schlug ihm mit der Faust mehrmals ins Gesicht, auf den Kopf und in den Genitalbereich. Er trat ihn, urinierte auf den nackten, misshandelten Körper und verprügelte ihn mit einem Gürtel. Julians Bein, welches festgebunden war, verdrehte der Lebensgefährte so heftig, dass Julian einen Oberschenkel Spiralbruch erlitt.

Ein Motiv gab es nicht. Julian hätte ihn “einfach provoziert”. Ausschlaggebend aber war, dass Julian sich weigerte, seiner Mutter zu erzählen, er sei an den Verletzungen am Geschlechtsteil seines kleinen Bruders schuld. Der Lebensgefährte zog nämlich selbst am Penis des Einjährigen. So sehr, dass selbiger riss und der kleine Junge stationär behandelt werden musste.

Vor und während des Martyriums von Julian nahm der Lebensgefährte die Droge Speed, welche zur Gruppe der Amphetamine gehört.
20-mal ging der Lebensgefährte zurück in Julians Zimmer. Insgesamt über drei Stunden lang. Er hatte Spaß daran, Julian zu quälen. Einmal weckte er ihn auf, nur um ihn erneut sadistisch zu misshandeln. Dass Julian daran sterben könnte, war ihm völlig egal. Julian versuchte sich gegen die Prügelattacken zur Wehr zu setzen. Dabei schrie er, weinte aber nicht.

Nachdem der Lebensgefährte mindestens 100-mal auf den kleinen Körper eingeschlagen hatte, fragte Julian ihn:
„Kommst Du noch mal wieder?“

Kurze Zeit später gab Julians Körper auf. Er verstarb an den durch die Schläge hervorgerufenen inneren Blutungen und Hirnschäden.

Als Julian sich nicht mehr regte, weil der Mann ihn zu Tode geprügelt hatte, steckte er den geschundenen leblosen Körper in einen Müllsack und stellte diesen in die Garage, unter Müll und Unrat versteckt. Der Lebensgefährte erzählte der inzwischen heimkehrten Mutter Julian sei weggelaufen.

Zunächst suchten Freunde und Bekannte vergeblich nach dem vermissten Julian. Am Abend ging die Mutter zur Polizei, es folgte eine groß angelegte Suchaktion.

Als Julian gefunden wurde, wurden kurze Zeit später der Lebensgefährte sowie die Mutter verhört. Nach fünf Stunden gestand der Lebensgefährte.

Beisetzung: 
Eine Woche nach seinem sinnlosen und qualvollen Tod wurde Julian in Delligsen in einer Urne beigesetzt. Etwa 200 Gäste nahmen an der Beerdigung teil. Auch vor dem Haus der Familie legten Julians Kindergarten-Freunde, Freunde der Familie, Nachbarn und sonstige Anteilnehmer Blumen, Kuscheltiere, Kerzen und Briefe ab.

Auf vielen Briefen nur ein Wort: “Warum?”

Gerichtsurteil:
Vier Monate später, im Dezember 2010, wurde der Lebensgefährte zu lebenslanger Haftstrafe wegen Mordes aus niederen Beweggründen und besonderer Grausamkeit verurteilt. In den Anklagepunkten Misshandlung, Körperverletzung und Nötigung von Schutzbefohlenen wurde er ebenfalls schuldig gesprochen.

Der Vorsitzende Richter fand deutliche Worte in seiner Urteilsbegründung. Die Tat sei besonders verachtenswert und brutal.

Während der Tat sei der Lebensgefährte nicht vermindert schuldfähig gewesen, allerdings würde der Lebensgefährte eine narzisstische Persönlichkeitsstörung aufweisen. Aus diesem Grund wurde von der Feststellung einer besonderen Schwere der Schuld abgesehen.

Des weiteren bat der Richter das Jugendamt, nochmals in die Familie zu gehen und die Umstände zu prüfen. Die Mutter hatte sämtliche Aufgaben rund um die Kinder an den Lebensgefährten abgegeben, die Wohnung war in einem miserablen Zustand und die Kinder vernachlässigt. Eine Prüfung der Erziehungsfähigkeit der Mutter wäre angebracht, meinte der Vorsitzende.

Die Verteidigung des Lebensgefährten gab im Anschluss an die Urteilsverkündung bekannt, dieses Urteil nicht hinzunehmen. Der Lebensgefährte sei durch die Öffentlichkeit bereits vorverurteilt worden.

Julians leiblicher Vater, der ebenfalls dem Prozess beiwohnte, sah dieses Urteil als gerechte Strafe an.

Nachtrag:
Am 10. Oktober 2015 nahm sich Julians Mörder das Leben. Er erhängte sich mit einem Gürtel im Hochsicherheitsgefängnis der JVA Celle in Niedersachsen.