Jenisa & Dano

Dies ist die Geschichte von Jenisa aus Hannover/Linden und Dano aus Herford.
Jenisa wurde acht, Dano nur fünf Jahre alt. Beiden nahm derselbe Mann das Leben.
Jenisa vergewaltigte er. Auf den kleinen Dano prügelte er ein und strangulierte ihn anschließend – aus Frust.

Jenisa lebte mit ihrer Mutter und ihren vier Geschwistern in Hannover/Linden.
Die Eltern hatten sich kurz zuvor getrennt, der Vater kam aber oft um seine Kinder zu sehen.
Am 07. September 2007 machte sich Jenisa gegen Mittag auf den Weg zu ihrer Tante.
Diese wohnte nicht weit entfernt, im sogenannten Ihme-Zentrum. Einem riesigen, unübersichtlichen
Gebäudekomplex aus Wohnungen, Büros und Geschäften.

Zuletzt wurde Jenisa im Wohnhaus ihrer Tante von einer Nachbarin im Aufzug gesehen. Danach fehlte jede Spur von ihr. Die Tante war zum Zeitpunkt von Jenisas Verschwinden nicht Zuhause gewesen.

Am Abend informierten die Eltern des Mädchens die Polizei, doch die sofort gestartete Suche brachte keinen Erfolg. Auch die groß angelegte Suchaktion am nächsten Tag mit Polizeihundertschaft, Hubschraubern, Suchhunden, Booten, die einen nahegelegenen Fluss absuchten, blieb ergebnislos. Flugblätter wurden verteilt und Jenisas Foto wurde in Treppenhäusern aufgehängt und an Mauern geklebt. Sie blieb verschwunden.

Eine Entführung oder ein Unfall konnten nicht ausgeschlossen werden. Ein Verbrechen wurde für die Ermittler immer wahrscheinlicher.

Dieser Verdacht erhärtete sich leider, als durch einen Zeugenhinweis, an der Autobahnauffahrt Wunstdorf /Hannover, Jenisas Kleidung gefunden wurde. Die Ermittler gingen von nun an vom Schlimmsten aus.

Der Lebensgefährte von Jenisas Tante geriet unter Verdacht etwas mit Jenisas Verschwinden zu tun zu haben. Er verstrickte sich in Widersprüche, hatte kein Alibi und verkaufte außerdem völlig überstürzt sein Auto, in dem Jenisa laut Zeugenaussage am Tag ihres Verschwindens, vermutlich gesehen worden war.

Er wurde zehn Tage nach Jenisas Verschwinden in Untersuchungshaft genommen und verblieb dort 42 Tage an denen er schwieg. Dann musste er freigelassen werden, da ihm die Tat nicht nachzuweisen war. An Jenisas Kleidung konnten keine Spuren festgestellt werden, die ihn belasteten. Auch in seiner Wohnung und in dem trotz Verkaufs sichergestellten Fahrzeug, wurde nur ein einziges Hautschüppchen gefunden, das Jenisa zuzuordnen war. Die kriminaltechnischen Untersuchungen brachten keine neuen Erkenntnisse, sodass ein dringender Tatverdacht nicht mehr vorlag.

Der Verdächtige zog nach seiner Entlassung mit seiner Lebensgefährtin und deren Kindern nach Herford. Die Ermittlungen gegen ihn wurden eingestellt.

Die allgemeinen Ermittlungen im Fall Jenisa gingen jedoch weiter. Für Hinweise, die zum Auffinden des Mädchens führen würden, wurde eine Belohnung von 3.000 Euro ausgesetzt. Im Jahr 2008 wurde in der Fernsehsendung Aktenzeichen XY ungelöst, zur Mithilfe in Jenisas Fall aufgerufen. Vergeblich.

Sieben lange Jahre sollten die verzweifelten Eltern nicht erfahren, was ihrer kleinen Tochter widerfahren war. Sie hatten all ihre Sachen aufgehoben, damit sie alles hätte, wenn sie doch wieder kommen würde. Doch Jenisa kam nicht wieder.

Am 14. März 2015 verabschiedete sich der kleine Dano gegen 15.00 Uhr von seiner Familie.
Seit über vier Jahren schon bewohnte er mit seinen Eltern, seinen beiden Schwestern und seinem kleinen Bruder eine zu einem Wohnkomplex mit mehreren Parteien gehörende Wohnung in Herford.

Der aufgeweckte fünfjährige Junge wollte den nahegelegenen Spielplatz am Ufer der Werre besuchen. Doch dort kam er leider niemals an.

Er klingelte unterwegs noch an einer Nachbarwohnung, um einen Freund zum Spielen abzuholen, dieser war jedoch mit seiner Mutter bereits vor kurzem ausgezogen. Von dort an fehlte jede Spur von Dano.

Nach zwei Stunden begann seine Familie sich Sorgen zu machen und nach ihm zu suchen. Als sie ihn nicht finden konnten, alarmierte sein Vater um 17.35 Uhr die Polizei.

Sofort startete eine große, leider ergebnislose Suchaktion. Es wurde befürchtet, Dano sei in die Werre gestürzt und darin ertrunken.

Erst kurz zuvor war es zu einem Zwischenfall dort am Ufer gekommen. Dano war ins Wasser gerutscht. Seine siebenjährige Schwester hatte ihn gerade noch rechtzeitig zu fassen bekommen.

Am nächsten Tag wurde noch fieberhafter nach Dano gesucht. Feuerwehr und Polizei setzten Hubschrauber und Suchhunde ein. Das Wasser der Werre wurde abgesenkt um die Suche zu erleichtern. Doch man fand Dano nicht.

Die Facebook Gruppe „Herford sucht Dano“ wurde gegründet. Die über 8000 Mitglieder verabredeten sich untereinander zu gemeinsamen Suchaktionen, tauschten Informationen aus und sprachen Danos Familie Mut zu. Seine Eltern appellierten in den Medien an mögliche Entführer, ihnen bitte ihren Sohn zurück zu geben. Tausende Flyer wurden verteilt und Danos Bild in der ganzen Stadt aufgehängt. Doch der Junge blieb verschwunden.

Da alle in Frage kommenden Unglücksstellen bereits mehrmals sehr umfassend abgesucht worden waren, erhärtete sich der schreckliche Verdacht, dass Dano einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein könnte.

Der Inhalt der Müllcontainer des Wohnkomplexes, in dem Danos Familie lebte, wurde abtransportiert und gründlich durchsucht. Als dies ebenfalls zu keiner Spur führte, wurde die weitläufige Suche eingestellt und der Fall an die zuständigen Ermittler für Tötungsdelikte übergeben.

Fast drei Wochen nach Danos Verschwinden ergab es sich, dass zwei Polizeibeamte einem Hinweis folgten, den sie zunächst für irrelevant hielten. Sie beschlossen jedoch die Gelegenheit zu nutzen, um sich erneut in der Gegend umzusehen.

Sie fanden die Leiche des kleinen Jungen im Unterholz, in der Nähe des Werreufers, zwischen einer Tankstelle und einem Ruderclub, ca. 3 km von seinem Elternhaus entfernt. Anhand seiner Kleidung konnte Dano leicht identifiziert werden. Der Fundort der Leiche wurde weiträumig abgesperrt damit eine gründliche Spurensuche erfolgen konnte.

Es gab bereits einen Verdächtigen, der umgehend verhaftet wurde. Schnell stellte sich heraus, dass es sich um den gleichen Mann handelte, der auch im Fall Jenisa der Hauptverdächtige gewesen war. Den inzwischen nach Herford verzogenen Lebensgefährten von Jenisas Tante. Er lebte im selben Block wie Dano und seine Eltern, war mit Danos Vater sogar befreundet.

Direkt nach seiner Verhaftung gab er zu, den Jungen getötet zu haben. Er gab an, dass er habe vertuschen wollen, dass er den Kleinen geschlagen hatte. Laut ihm, war es wie folgt zu der Tat gekommen:

Dano hatte an besagtem Tag an seiner Wohnungstür geklingelt und nach seinem Freund gefragt, den er zum Spielen abholen wollte. Dieser Freund war der sechsjährige Sohn des inzwischen 43 Jahre alten Verdächtigen.

Dieser war wenige Tage zuvor von seiner Lebensgefährtin verlassen worden. Sie war ausgezogen und hatte ihre Kinder mitgenommen. Der Verdächtige wollte, dass Dano verschwindet, aber dieser weigerte sich zu gehen. So kam es zu einem Wortgefecht zwischen den beiden. Der Mann schlug dem Jungen daraufhin ins Gesicht. Als Dano dann drohte, seinem Vater davon zu erzählen, zerrte er das Kind in die Wohnung. Er behauptete, er habe Dano zunächst Fernsehen lassen und ihn dann später getötet. Er habe ihm einfach den Mund zugehalten bis der Junge sich nicht mehr bewegte.

Die gerichtsmedizinische Untersuchung ergab allerdings, dass dem Kind das Gesicht zertrümmert worden war. Es wurden ihm mehrere Zähne ausgeschlagen. Außerdem stellte man fest, dass Dano stranguliert worden war. Er starb bereits am Tag seines Verschwindens.

Der Täter sagte aus, dass er den toten kleinen Körper in Decken gewickelt und dann in eine große Einkaufstasche gesteckt habe. Anschließend habe er die Leiche mithilfe eines Rollkoffers zum Fundort transportiert und dort im Gestrüpp versteckt. Ein Zeuge hatte sich an diesen verdächtigen Transport erinnert und dies der Polizei gemeldet.

Nach seinem Geständnis beschloss die Staatsanwaltschaft Hannover auch Jenisas Fall erneut zu prüfen.

Nach einigen Wochen Untersuchungshaft, tauchte plötzlich ein schriftliches Geständnis des Täters auf. Zwei Mithäftlinge versprachen sich eigene Haftvergünstigungen davon, ihm dieses auf kuriose Weise zu entlocken. Nachdem unter den Mitinsassen bekannt geworden war, dass es sich bei ihm um einen Kindermörder handelte, war er schon mehrfach angegriffen worden.

Er war eingeschüchtert und ängstlich, was die zwei besagten Mithäftlinge sich zum Vorteil machten. Sie weihten andere Mitgefangene ein, um mit ihm immer wieder ungestört sprechen zu können und erschlichen sich so nach und nach sein Vertrauen.

Sie boten ihm ihre Hilfe an, im Verfahren wegen des Mordes an Dano einen Freispruch zu erreichen. Einer von ihnen gab sich als Mitglied einer einflussreichen Organhändlerbande aus, mit Kontakten zum Landeskriminalamt. Es wäre ein Leichtes, dort die vorliegenden Beweise zu manipulieren oder verschwinden zu lassen. Im Gegenzug dafür müsse er nur, nach seiner Freilassung, menschliche Organe vom Iran nach Deutschland schmuggeln, womit er auch noch sehr viel Geld verdienen würde. Allerdings, so behaupteten sie, fordere diese Organhändlerbande umfassende Geständnisse von seinen Straftaten. Als Pfand, damit er sie später nicht verraten könne.

Der Täter diktierte seinen vermeintlichen neuen Freunden daraufhin insgesamt 40 Seiten, auf denen er detailliert die grausamen Morde an beiden Kindern und seine Motive dafür schilderte.

Auch Jenisa hatte er getötet, bereits an dem Tag an dem sie verschwunden war. Das Mädchen hatte damals in der Wohnung ihrer Tante nur ihn angetroffen. Unter dem Vorwand, sie nach Hause zu fahren, lockte er Jenisa in sein Auto. Anschließend fuhr er mit ihr in den Wald, riss ihr dort die Kleidung vom Leib und vergewaltigte sie auf dem Rücksitz seines Wagens. Dies sei das schönste Gefühl gewesen, dass er jemals hatte, ließ er die Mithäftlinge aufschreiben. Dann würgte er das kleine Mädchen bis zur Bewusstlosigkeit. Als sie wieder zu sich kam, schlug er ihr mit einem Ast den Schädel ein.

Als Motiv nannte er Hass auf Jenisas Familie. Diese habe immer nur seine Lebensgefährtin gegen ihn aufgehetzt und ihn schikaniert. Er sei ihnen nie gut genug gewesen. Er wollte, dass sie bis an ihr Lebensende unerträgliche Schmerzen erleiden und dies erreiche man am besten mit dem Tod eines Kindes.

Außerdem gab er als Motiv in beiden Fällen generellen Hass auf Albaner an. Jenisa und auch Dano stammten aus albanischen Familien.

Zusätzlich zu seinem Geständnis zeichnete er eine Karte und markierte einen Punkt darauf mit „die Leiche“. Dort sollten Jenisas sterbliche Überreste zu finden sein.

In seinem Geständnis gab er ebenfalls an, Dano ganz bewusst in seine Wohnung gelockt zu haben, mit dem Ziel ihn zu töten. Auch ihn habe er sexuell missbraucht.

Die beiden Mithäftlinge ließen ihn jede einzelne Seite unterschreiben und überreichten das Dokument ihrem Anwalt, der es an die Kriminalpolizei weitergab.

Am 02. September 2014 stießen die Ermittler dann schließlich, nach längerer Suche, aufgrund der vom Täter angefertigten Karte auf menschliche Knochen. Es war sofort klar, dass es sich um Kinderknochen handelte. Ein DNA Abgleich brachte die traurige Gewissheit. Es war Jenisa.

Eine Obduktion ihres Körpers war aufgrund des hohen Verwesungsgrades nicht mehr möglich.

Gerichtsurteil Dano
Doch im Prozess wegen des Mordes an Dano sollte der Fall des kleinen Mädchens keine Rolle spielen. Hier wurde nach wie vor von der Staatsanwaltschaft Hannover ermittelt. Im Falle einer Anklage würde der Täter sich einem zweiten Verfahren stellen müssen.

Im Fall Dano wurde Anklage wegen Mordes mit Verdeckungsabsicht erhoben.

Die Ermittler hofften, dass der Beschuldigte sein Geständnis offiziell wiederholen würde.

Am 01. Oktober 2014 begann der Prozess vor dem Landgericht Bielefeld, in dem Danos Eltern als Nebenkläger auftraten. Bereits zu Beginn kam es mehrfach zu Zwischenfällen und Störungen, da einige Mitglieder von Danos Familie auf den Zuschauerplätzen immer wieder beruhigt werden mussten. Sein Großvater musste ermahnt werden, da er unter Tränen immer wieder die Aussage eines Polizisten mit lauten Zwischenrufen störte.

Das Gericht interessierte sich sehr für die Umstände, unter denen es zu dem schriftlichen Geständnis gekommen war und für die Widersprüche zwischen der Aussage des Angeklagten und den Ergebnissen der rechtsmedizinischen Untersuchung.

Der Angeklagte hatte bei den bisherigen Vernehmungen zuerst ausgesagt, Dano lediglich den Mund zugehalten zu haben, dann behauptete er, er habe den Jungen mit Bettzeug erstickt. Die Untersuchung hatte aber eindeutig ergeben, dass der Kleine stranguliert worden war. Auch erklärte die Aussage des Angeklagten weder die schweren Brüche im Gesicht, die Dano erlitten hatte, noch die ausgeschlagenen Zähne.

Die Verteidigerin beantragte eine Aussetzung des Verfahrens bis Mitte Oktober. Sie warf der Staatsanwaltschaft vor, nicht über neue Ermittlungsschritte und einen neuen Gutachter informiert worden zu sein. Das Gericht lehnte den Antrag ab und das Verfahren wurde fortgesetzt.

Die Verteidigerin kündigte für den nächsten Verhandlungstag eine Erklärung ihres Mandanten an.
Diese gab er aber nicht persönlich ab, sondern ließ seine Anwältin für sich sprechen.
Es sei zu keinem Zeitpunkt seine Absicht gewesen Dano zu töten.

Der Fünfjährige habe an seiner Wohnung geklingelt, um mit seinem Sohn zu spielen, der aber bereits ausgezogen war. Er wollte Dano loswerden, aber der Kleine kam trotzdem herein und spielte mit den Sachen seines Freundes. Unterdessen telefonierte der Angeklagte mit seiner ehemaligen Lebensgefährtin, die nun endgültig beschlossen hatte, sich von ihm zu trennen. Er weinte am Telefon. Dano lachte ihn deswegen aus. Er verlor die Nerven und schlug dem Jungen ins Gesicht.

Er habe lediglich erreichen wollen, dass das Kind aufhört zu schreien und habe sich außerdem in einer emotionalen Ausnahmesituation befunden. Also warf er Dano ein Laken über und prügelte auf ihn ein bis es still war. Er wickelte den kleinen Jungen, den er für tot hielt, in eine Decke und steckte ihn in eine große Plastiktasche. Diese verstaute er in einem Rollkoffer, an dessen Gestänge er Danos Kopf mit einem Kabel fixierte.

Ein Rechtsmediziner bestätigte, dass die Tat so abgelaufen sein könnte. Die blauen Flecken mit denen Danos Körper übersät gewesen war, sprachen dafür. Auch konnte er nicht ausschließen, dass Dano noch gelebt hatte, als der Angeklagte die Leiche in den Koffer steckte. Es wäre durchaus denkbar, dass der Junge erst durch das befestigte Kabel stranguliert worden war.

Hinweise auf sexuellen Missbrauch wurden bei der Untersuchung nicht gefunden.

Die Staatsanwältin bat darum, dem Sitzungsprotokoll einen richterlichen Hinweis hinzuzufügen. Als mögliche Tat käme auch Störung der Totenruhe, als mögliches Tatmotiv Rache in Frage. Der vorsitzende Richter kam dieser Bitte nach.

Den Inhalt des schriftlichen Geständnisses stritt der Angeklagte vollständig ab. Er behauptete, nur leere Blätter unterschrieben zu haben, weil sein Mithäftling nach seiner Entlassung einige Dinge für ihn erledigen sollte. Doch viele der enthaltenen Angaben hatten sich inzwischen bestätigt.

Als der Teil des Geständnisses vorgelesen wurde, in dem der Angeklagte den Missbrauch und den Mord an Dano beschrieb, versuchte die verzweifelte Mutter sich auf ihn zu stürzen. Auch ein Verwandter von den Zuschauerplätzen versuchte ihn zu erreichen. Beide wurden von Polizisten überwältigt.

Die ehemalige Lebensgefährtin des Angeklagten sagt aus, dass die 10 Jahre andauernde Beziehung zu ihm eine Katastrophe war. Sie beschreibt ihn als gewalttätig und jähzornig.

Einen guten Eindruck davon bekamen die Menschen bei Gericht, als später Einträge aus dem Bundeszentralregister des Angeklagten verlesen wurden. Darunter unter anderem nicht nur Betrug, Diebstahl und Urkundenfälschung, sondern auch ein Fall von Kindesmisshandlung.

Bei einem Streit mit seiner Lebensgefährtin war auch die Schwester der Frau anwesend gewesen. Sie hielt das gerade einmal 16 Tage alte Baby des Paares im Arm, als der Angeklagte begann auf seine Lebensgefährtin einzuschlagen. Sie mischte sich ein und ging dazwischen. Der Angeklagte zerrte sie daraufhin an den Haaren in den Hausflur und schlug ihren Kopf gegen die Wand. Dann trat und schlug er auf die Frau ein, würgte sie sogar. Bei diesem Gewaltausbruch brach er dem winzigen Säugling den rechten Unterschenkel.

Bei seiner Vernehmung dazu behauptete er, dass eines seiner anderen Kinder das Baby getreten hätte und so den Bruch verursacht habe. Immer wieder war es in der Wohnung des Paares zu Polizeieinsätzen wegen häuslicher Gewalt gekommen. Die Lebensgefährtin hatte die Anzeigen jedoch immer wieder zurück gezogen. Nachbarn äußerten die Vermutung, dass die beiden mit ihren 5 Kindern im Alter von 1-9 Jahren völlig überfordert gewesen seien. Die Kinder waren oft aus der Wohnung ausgesperrt worden, sie verrichteten ihr Geschäft dann im Keller des Hauses. Auch hörte man die Kinder ständig weinen.

Der sachverständige Psychologe bedauerte, sein Gutachten lediglich aus den Informationen, die er den Schriftsätzen aus den Vernehmungen entnehmen konnte, erstellen zu können. Da der Angeklagte sich nie persönlich geäußert habe, gäbe es keine andere Möglichkeit.

Er erklärte den Angeklagten für voll schuldfähig. Er habe eine dissozial geprägte Persönlichkeit, aber psychische Auffälligkeiten oder eine sexuelle Störung lägen nicht vor. Er habe zu jedem Zeitpunkt den Überblick über die Situation gehabt und sich funktional verhalten.

Die Staatsanwältin sagte in ihrem Plädoyer, dass sie die beiden Mithäftlinge aufgrund ihres Detailwissens für überaus glaubwürdig hielt. Sie glaubte nicht an die Version des Angeklagten, dass er erst nachdem er Dano für tot hielt, seinen Kopf mit einem Kabel am Koffer befestigt hatte. Sie ging davon aus, dass er den Jungen mit dem klaren Ziel ihn zu töten, in seine Wohnung gelockt hatte, seinen Frust an ihm abreagierte und ihn anschließend erdrosselte. Dass er all das tat, um Menschen zu bestrafen und leiden zu lassen, die ihm aufgrund ihrer Herkunft zutiefst verhasst waren. Dies sei der nur denkbar niederste Beweggrund eine solche Tat zu begehen. Der Angeklagte sei zudem voll schuldfähig. Sie forderte eine lebenslängliche Haftstrafe wegen Mordes aus niederen Beweggründen. Die Verteidigung der Nebenkläger, Danos Eltern, schloss sich ihr an.

Als Danos Vater das Wort erteilt wurde, sprach er den Angeklagten direkt an. Er erinnerte ihn daran, dass ihre beiden Söhne miteinander gespielt hatten wie Brüder. Eure Streiterei ist nicht unsere Schuld. Er erklärte ihm, dass er und seine Frau sich fühlten als seien sie tot…keine Menschen mehr. Er fragte ihn, wie er es nur fertig bringen konnte, ihnen so etwas anzutun.
Er bat das Gericht den Angeklagten auf der Stelle frei zu lassen. Er wolle keine 10-15 Jahre warten. Er bräuchte mit ihm nur 2 Minuten.
Auch Danos Mutter ergriff das Wort, richtete sich ebenfalls direkt an den Mann der ihren kleinen Sohn getötet hatte. Sie fragte ihn, ob er wisse, was für ein Gefühl das sei, dass ihr kleiner Sohn sie ständig fragt, ob Dano im Himmel ist oder ob er wieder kommt. Sie sagte, dass sie einfach nicht verstehen könne, was in seinem Kopf vor sich gegangen war.

Den Angeklagten schienen diese Worte kalt zu lassen.Wie im übrigen Prozess zeigte er keinerlei Gefühlsregung. Als daraufhin die Verhandlung kurz unterbrochen wurde, verfehlte das mit voller Wucht geworfene Feuerzeug eines Familienmitglieds den Angeklagten nur knapp.

In ihrem abschließenden Plädoyer beschrieb die Verteidigerin den Prozess als hoch emotional und merkte an, dass man sich davon jedoch formal frei machen müsse.
Die Tatversion ihres Mandanten sei die einzig Glaubwürdige. Seine Situation wurde von den beiden Mithäftlingen schamlos ausgenutzt, um sich selbst Vorteile zu verschaffen. Das gesamte Geständnis sei eine glatte Lüge.
Sie plädierte auf Körperverletzung mit Todesfolge. Mordmerkmale oder niedere Beweggründe konnte sie nicht erkennen. Sie bat um eine gerechte Strafe für ihren Mandanten.

Das Gericht verurteilte den Täter am 22. Oktober 2014 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes aus niederen Beweggründen. Eine besondere Schwere der Schuld wurde nicht erkannt.

Urteilsbegründung:
Der Angeklagte hatte die Tat aus Frustration über seine gescheiterte Beziehung begangen.
Die vom Angeklagten angestrebte Revision wurde abgelehnt, das Urteil damit rechtskräftig.

Gerichtsurteil Jenisa
Am 22. September 2015, acht Jahre nach Jenisas Verschwinden, stand Danos Mörder erneut vor Gericht.

Diesmal des Mordes an Jenisa angeklagt. Da er bereits damals als der Hauptverdächtige galt, aus Mangel an Beweisen aber frei gelassen werden musste, hatte die Staatsanwaltschaft Hannover seit Jahren auf dieses Verfahren hingearbeitet. Frühere Versuche den Täter zumindest wegen Kindesentziehung zu verurteilen, waren bereits gescheitert. Das Verfahren gegen ihn eingestellt worden.

Diese Sachlage nahm seine Verteidigung zum Anlass, einen Antrag auf Einstellung des neuen Verfahrens zu stellen. Da das alte Verfahren abgeschlossen war, könne man ihren Mandanten nicht erneut wegen dieser Tat belangen. Ihr Antrag wurde abgelehnt. Zusätzlich zu dem Mord an Jenisa, wurde ihm Missbrauch und Vergewaltigung zur Last gelegt. Jenisas Eltern, die als Nebenkläger auftraten,forderten die Feststellung einer besonderen schwere der Schuld und die Anordnung einer Sicherheitsverwahrung. Sie wünschten sich, dass der Täter hinter Gittern sterben würde.

Sie hegten schon lange den Verdacht, dass der Angeklagte der Täter war. Sie befürchteten zunächst, bis zum Fund von Jenisas Leiche, er habe das Mädchen in die Türkei verkauft.
Während der Verhandlung beschimpfte Jenisas Mutter den Angeklagten als Schwein, brach daraufhin zusammen und musste in ein Krankenhaus gebracht werden.

Auch mit Jenisas Vater kam es zu einem Zwischenfall. Als der Angeklagte ihn angrinste, verlor der leidgeprüfte Mann die Fassung und warf eine halbvolle Flasche in Richtung Anklagebank. Er traf den Mörder seiner Tochter an der Schulter. Der Richter ließ daraufhin verlauten, dass er diesen Vorfall ohne Konsequenzen belassen würde, das aber auch gegen Angehörige Ordnungshaft verhängt werden könnte, falls es zu weiteren Übergriffen kommen sollte.

Die Verteidigerin kündigte an, dass ihr Mandant sich zu dem Fall nicht äußern wird.

Abermals wurde einer der früheren Mithäftlinge befragt, wie es zu dem grausamen Geständnis gekommen war, in dem der Angeklagte genau beschrieben hatte, wann, wo ,wie und warum er Jenisa tötete. Er soll dem Mädchen noch gesagt haben, dass es die Schuld ihres Vaters sei, dass sie sterben müsse, bevor er sie mit einem Ast erschlug.

Ein Psychologe sagte aus, dass in Freiheit mit weiteren schweren Straftaten des Angeklagten zu rechnen sei.

Die Verteidigung beantragte einen Freispruch oder eine Einstellung des Verfahrens. Die Indizien würden nicht ausreichen, ihren Mandanten zweifelsfrei als Täter zu identifizieren.

Der Anwalt der Nebenkläger wies darauf hin, dass Jenisa erschlagen worden war wie ein Hund.

Die Staatsanwaltschaft forderte eine lebenslange Haftstrafe. Das Gericht folgte dem Antrag und erklärte das Geständnis des Täters für Glaubwürdig.

Er wurde am 15. Oktober 2015 zu einer zweiten lebenslänglichen Haftstrafe verurteilt, die er erst antreten wird, nachdem er seine Strafe für den Mord an Dano verbüßt hat. Demnach wird er vermutlich nie wieder frei kommen.

Der Täter selbst äußerte sich bis zuletzt mit keinem Wort zu dem Fall.

Urteilsbegründung:
Es war Mord, sagte der Staatsanwalt. Ein kaltblütiges Verbrechen, das nur begangen worden war, um sich an Jenisas Familie zu rächen und sie ins Unglück zu stürzen.

Eine besondere Schwere der Schuld wurde nicht erkannt, auch eine Sicherheitsverwahrung wurde nicht angeordnet. Beides hatten Jenisas Eltern als Nebenkläger gefordert. Sie legten Revision ein, die jedoch abgelehnt wurde. Der Täter ging ebenfalls in Revision, die auch abgelehnt wurde. Das Urteil wurde rechtskräftig.

Beisetzung
Jenisas wurde am 26. September 2014 in einer mehrteiligen Zeremonie, wie in ihrer Familie Brauch, auf dem muslimischen Grabfeld des Stöckener Friedhofs in Hannover beigesetzt. Mehr als 70 Menschen nahmen Abschied von ihr. Als schließlich die Männer der Familie, darunter auch Jenisas Vater, den Sarg zu Grabe trugen, küsste dieser bitterlich weinend immer wieder den Sarg seines Kindes.

Dano wurde am 07. April 2014 in Herford beigesetzt. Zu seiner Beerdigung erwartete man viele Angehörige, der aus dem Kosovo stammenden Familie. Über 300 Trauergäste betraten vor einer örtlichen Moschee und dem kleinen weißen Sarg. Danos Familie lud alle Menschen, die Danos Schicksal berührt hatte ein, den Sarg auf den Friedhof zu begleiten.

Vor dem Haus, in dem Dano gelebt hatte, wurden unzählige Kerzen aufgestellt, Kuscheltiere und Bilder abgelegt. Seine Familie hing dort Zettel mit Dankesworten auf.