Jacqueline

Dies ist die Geschichte der kleinen Jacqueline. Sie starb mit nur vierzehn Monaten an einer Hirnschwellung durch Mangelernährung am 24. März 2007 im elterlichen Haus im nordhessischen Bromskirchen.

Die kleine Jacqueline ist nicht verhungert, weil ihre Eltern kein Geld hatten. Sie ist verhungert, da sie ihrer Mutter egal war.

Geboren wurde Jacqueline am 14. Januar 2006. Da die Mutter die Schwangerschaft verdrängt hatte, war der Vater sehr überrascht, freute sich anfangs aber. Leider reichte diese Euphorie nicht aus, denn die Versorgung des kleinen Mädchens überließ er gänzlich der Mutter.

Jacquelines Mutter wusste von Anfang an nichts mit ihrer kleinen Tochter anzufangen. Ihr ging es auf die Nerven, wenn sie schrie, sie Hunger hatte oder einfach Nähe brauchte. Sämtliche Bedürfnisse des hilflosen Säuglings störten sie.

Ihre Mutter wollte schlafen, statt nächtelang zu wachen. Jacqueline war nicht willkommen. Ihre Mutter wurde zunehmend lethargischer und saß im Erdgeschoss vor dem Fernseher, während ab Dezember 2006 ein Stockwerk höher ihr Kind qualvoll verkümmerte. Das war der Zeitpunkt, ab dem die Eltern beschlossen hatten, sich nicht mehr ausreichend beziehungsweise gar nicht mehr um ihr Kind zu kümmern. Aus Desinteresse, Gleichgültigkeit und Gefühllosigkeit.

Jacqueline wog bei ihrem Tod nur noch 6 Kilogramm. Sie hätte aufgrund ihres Alters jedoch das Doppelte wiegen müssen. Sie hatte offene Fleischwunden vom Liegen und war so schwach, dass sie nicht einmal mehr die Kraft hatte, die sporadisch angebotene Milchflaschen auszutrinken.

Zwei bis drei Mal am Tag sah die Mutter nach ihr. Den Rest des Tages saß sie allein in ihrem Kinderbettchen. Tagein, tagaus.

Sie muss aufgrund der offenen Wunden vom Bauchnabel abwärts bis zu den Knien höllische Schmerzen gehabt haben. Die Haut löste sich ab. Das Gesichtchen glich der einer Greisin.

Der Vater wusste nichts von seiner Tochter. Er wusste nicht einmal, ob sie „Papa“ sagen konnte. Angeblich habe seine Frau ihn mit den Worten: „Sie schläft, du weckst sie“ davon abgehalten, nach „seiner Kleinen“, wie er sie nannte, zu sehen.

Es kam niemand, um mit ihr zu kuscheln, nie durfte sie Wärme erfahren, keine Liebe. Es wurde nicht mit ihr gespielt, gelacht oder gealbert. Abgestellt, abgeschottet und vergessen.

Das Haus sei vermüllt gewesen. Um die Hunde und die 7 bis 8 Aquarien im Haus, wurde sich jedoch liebevoll und mit Hingabe gekümmert. Als Jaqueline starb, ging die Mutter  mit ihr zum Arzt und tat überrascht, als dieser nur noch den Tod feststellen konnte. Nachbarn wollten nichts von der Existenz der Kleinen gewusst haben, die Eltern wurden lediglich regelmäßig mit den Hunden gesehen.

Ein halbes Jahr nach dem Tod von Jacqueline kam ein weiteres Kind zur Welt. Der kleine Junge kam in eine Pflegefamilie.

Beisetzung:
Zur Beisetzung von Jacqueline ist nichts bekannt.
Als Beisetzungsort wurde lediglich Hallenberg bei Frankenberg angegeben.

Gerichtsurteil:
Im Januar 2008 wurde die Mutter zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren wegen Totschlags, der Vater zu drei Jahren und drei Monaten wegen fahrlässiger Tötung verurteilt.

Die Staatsanwaltschaft Gießen ging daraufhin in Revision.

Die Eltern wurden dann im März 2009 zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt. Der Saal applaudierte bei der Urteilsverkündung, die lautete: Mord durch Unterlassen und Misshandlung Schutzbefohlener.