Das ist die Geschichte von Iva-Maria aus Stuttgart. Das Mädchen mit dunkelbraunem, lockigem Haar und braunen Augen wurde nur vier Jahre alt. Sie wurde am 12. Dezember 2008 von der eigenen Mutter ermordet.
Iva-Marias Mutter stammte ursprünglich aus Jugoslawien, wo sie auch nach eigenen Angaben eine schöne Kindheit hatte. Als der Bürgerkrieg begann, floh sie nach Deutschland und begann dort auch eine Ausbildung als Verkäuferin. Später lernte sie ihren zukünftigen Ehemann kennen und im Jahr 2004 kam das erste gemeinsame Wunschkind, Iva-Maria, zur Welt. Da Iva-Marias Vater in einer Gaststätte beschäftigt war, kam er oft erst sehr spät am Abend nach Hause. Die Mutter sagte später:
„Die Ehe war nicht so ideal. Wir haben eher nebeneinander gelebt als miteinander.“
Quelle: Süddeutsche Zeitung, 17.05.2010
Sie war enttäuscht von ihrem Leben, da dies nicht so verlief, sie sich dieses hatte vorgestellt. Gerne hätte sie das Leben ihrer Schwestern geführt. In Jugoslawien, mit einem guten Ehemann und vielen Kindern.
Erschwerend kam hinzu, dass sich Iva-Maria mit überhaupt nicht gut mit ihrer Schwiegermutter sowie der Schwägerin verstand. Jedenfalls empfand sie dies so. Ein Gefühl der Einsamkeit stieg in ihr auf. Zudem fühlte sie sich von allen unverstanden.
An jenem Tag, an dem Iva-Maria starb, hatte die Mutter mit ihr die Oma und den Onkel besucht. Als zwischen den Erwachsenen ein Streit aufkam, rief die Mutter sodann ihren Ehemann an und bat diesen, beide mit dem Auto abzuholen. Hätte der Vater geahnt, was noch am selben Tag geschehen würde, hätte er diese Bitte nicht abgelehnt.
Mutter und Tochter machten sich in Folge dessen zu Fuß auf den Heimweg. Daheim angekommen, schrieb sie ihrem Ehemann einen Zettel, auf dem stand:
„Riesenidiot! „Such uns nicht, Du wirst uns nicht finden“….
Er könne jetzt fernsehen…. „niemand wird Dich dabei stören“
Quelle: Focus, 27.05.2009
Sie nahm ihre kleine Tochter an der Hand und lief mit ihr nach Stuttgart-Untertürkheim. Auf der Neckarbrücke lief die Mutter längere Zeit hin und her, starrte immer wieder in den Fluss. Iva-Maria fragte ihre Mutter, warum sie immer auf das Wasser sehen würde, ob sie Durst habe. Diese Worte waren die letzten, die Iva-Maria in ihrem Leben sagen sollte.
Gegen 17 Uhr hob die Mutter plötzlich ihre kleine Tochter an der Hüfte hoch über das Geländer und ließ sie in die Tiefe fallen. Der Neckar war eiskalt. Iva-Maria schrie und kämpfte ca. 40 Sekunden um ihr Leben, bevor sie unterging. Ihr kleiner Körper trieb den Fluss weiter hinab. Gegen 17.45 Uhr entdeckte dann ein Schleusenwärter den leblosen Körper im Wasser und alarmierte umgehend Polizei und Feuerwehr. Diesen gelang es gegen 20 Uhr, den kleinen leblosen und eiskalten Körper zu bergen.
In derselben Nacht stellte sich Iva-Marias Mutter der Polizei. Den eigenen, ursprünglich geplanten Suizid hatte sie nicht durchgeführt. Sie erklärte den fassungslosen Polizisten, dass ihre Tochter behindert gewesen sei und sie mit der Betreuung und Erziehung völlig überfordert gewesen war. Niemand wäre für sie da gewesen, ihr Mann nie daheim, sie hätte alles alleine regeln müssen.
Gerichtsurteil:
Iva-Marias Mutter wurden wegen Mordes angeklagt und der Prozess fand vor dem Landgericht Stuttgart statt.
Es stellte sich heraus, dass die Familie bereits betreut worden war, weil Iva-Maria in ihrer Entwicklung als zurückgeblieben galt. Im Kindergarten fiel sie diesbezüglich auf und ihre Mutter verbiss sich daraufhin in den Gedanken, ihre Tochter sei behindert. Sie bat bei den Behörden um Hilfe, welche ihr auch in hohem Maße zugesprochen wurde. Bald beruhigte sich alles. Iva-Maria machte Fortschritte, ihre Probleme waren unerheblich. Doch dies wollte Iva-Marias Mutter nicht einsehen.
Laut Aussage des Vaters sprach sie immer wieder davon, das kleine Mädchen sei behindert, obwohl das nicht den Tatsachen entsprach. Zudem hatte die Familie nicht nur seitens der Behörden, sondern auch seitens der Verwandtschaft viel Unterstützung und Iva-Maria wuchs in geordneten Verhältnissen auf.
Es gelang dem Richter nicht, genau herauszufinden, warum Iva-Maria so grausam sterben musste. Es gab keinen ersichtlichen Grund. Durch den Gutachter wurde bei der Frau auch keine psychische Störung festgestellt, welche die Tat irgendwie hätte erklären können.
Im Mai 2009 wurde Iva-Marias Mutter wegen Mordes zu einer lebenslanger Haftstrafe verurteilt.
Der Richter erklärte, Iva-Maria sei arg- und wehrlos gewesen. Ihrer Mutter und ihrem Vater hätte sie blind vertraut und genau dieses Vertrauen habe die Mutter an ihrem Todestag, als sie ihre kleine Tochter von der Brücke warf, ausgenutzt.
Die Mutter nahm die Urteilsverkündung ohne große Regung auf. Ohne Antwort darauf bekommen zu haben, warum seine kleine Tochter sterben musste, verließ auch der Vater den Gerichtssaal. Obwohl Iva-Marias Mutter noch bei der Verkündung angegeben hatte, für sie sei keine Strafe zu hoch, legte sie Revision gegen das Urteil ein.
Die Revision wurde jedoch vom Bundesgerichtshof als unbegründet verworfen. Somit ist das Urteil rechtskräftig.