Dies ist die Geschichte von Dennis. Der Säugling starb im Alter von sechseinhalb Wochen am 23. Januar 2008 in Berlin-Spandau an seinen schweren Hirnverletzungen. Diese wurden ihm von seinem Vater zugefügt.
Dennis wurde am 09.Dezember 2007 im evangelischen Waldkrankenhaus Spandau geboren. Seine Geburt war schwer, doch der kleine Junge kam gesund zur Welt. Für seine Eltern war er das zweite Kind. Die gemeinsame Tochter, die 2003 geboren wurde, kam direkt nach der Geburt in eine Pflegefamilie. Das Paar kannte sich seit frühester Schulzeit, gingen seit der neunten Klasse miteinander. Die Mutter war arbeits- und ausbildungslos, der Vater arbeitete als Medikamentenkurier. Sie bewohnten eine kleine Wohnung in Spandau. Dennis war ihr Wunschkind.
Bereits im Krankenhaus wurde beobachtet, dass die Mutter zwar liebevoll und fürsorglich mit ihrem Sohn umging, dennoch konnte schon hier eine Überforderung der Mutter im Alltag vermutet werden. Daraufhin informierte das Pflegepersonal das Gesundheitsamt. Eine Hebamme bot ihre Hilfe und die Nachbetreuung an und kam sechsmal in die Wohnung der Familie.
Die zuständige Sozialarbeiterin wurde im Verlauf der Zeit immer wieder erfolgreich von den Eltern abgewimmelt. Zu vereinbarten Terminen kamen sie entweder in Eile oder öffneten die Tür nicht. Am 17.Januar 2008 traf sie die Familie endlich an. Sie bekam einen bekleideten und gepflegt wirkenden Säugling in einer sauberen Wohnung zu sehen. Die Umstände deuteten auf keinerlei Vernachlässigung oder Überforderung hin. Interessiert stellte die Mutter Fragen, was sie gegen das häufige Schreien Ihres Sohnes unternehmen könne und kündigte an, bereits am nächsten Tag einen Termin zur anstehenden U3 gemacht zu haben. Diesen Termin nahm sie allerdings nicht wahr. Die Sozialarbeiterin sah keinen Handlungsbedarf und schloss den Fall ab. Später gab die Mutter in der Vernehmung an, dass sie fremde Hilfe stets abgelehnt habe. Zu schlecht seien ihre Erfahrungen mit den Ämtern gewesen, zudem habe sie beweisen wollen, dass sie es allein schaffen könne.
In all dieser Zeit wurde Dennis bereits von seinem Vater misshandelt. Immer wieder schlug er ihm kräftig auf den Rücken, wenn er kein Bäuerchen gemacht hatte. Der Vater malträtierte den kleinen Jungen so lange mit den Fäusten in den Bauch, bis er aufhörte zu schreien, weil er keine Luft mehr bekam.
Die Eltern stritten sich täglich, schrien sich laut an. Das war das Einzige, was die Nachbarn über die Familie wussten. Dass in dem Haushalt ein Säugling wohnte, wussten nur wenige. Sie gaben nach der Tat an, mehrfach darüber nachgedacht zu haben, das Jugendamt zu informieren.
Am 23.Januar 2008 kam es dann zum entscheidenden Übergriff auf Dennis. Der Junge weinte wieder einmal laut, als der Vater ihn aus seinem Bettchen nahm und so heftig schüttelte, dass es zu schwersten Hirnverletzungen kam. Dennis hörte auf zu schreien und lief blau an. Währenddessen schminkte seine Mutter sich im Badezimmer.
Der Vater setzte um 10.38 Uhr einen Notruf ab, in dem er angab, dass es seinem Sohn sehr schlecht ginge. Den eintreffenden Rettungskräften kam er mit dem bewusstlosen Dennis auf dem Arm im Treppenhaus entgegen. Sie begannen eine sofortige Reanimation und fuhren mit ihm in sein Geburtskrankenhaus nach Spandau. Die Reanimation blieb ohne Erfolg und so mussten die Ärzte um 11.10 Uhr seinen Tod feststellen. Es wurde eine umgehende Obduktion veranlasst. Diese ergab wenig später, dass Dennis seinen schweren Hirnverletzungen erlegen war. Zudem fanden die Gerichtsmediziner diverse Hämatome am Bauch – und im Rückenbereich des Jungen sowie Hirnblutungen, die bereits mehrere Wochen alt waren und von Dennis Martyrium zeugten.
Die Eltern wurden umgehend verhaftet.
In der folgenden Verhandlung ließ der Vater über seinen Anwalt ein Geständnis verlesen, in dem er sämtliche Misshandlungen seines Sohnes zugab. Er habe die Nerven verloren, weil das Kind ständig schrie. Die Mutter äußerte sich wie folgt:
„Ihr Freund war ihr wichtig. „Ich hatte Angst, ihn zu verlieren“, sagt … (die Mutter). Und so hörte sie nicht hin, wenn ihr Baby im Nebenzimmer der Spandauer Wohnung schrie. Hörte weg, wenn es „klatschte“, weil ihr Freund dem Säugling auf Bauch und Rücken schlug. „Ich hab das nicht so wahrgenommen“, sagt die 22-Jährige. „Ich habe gedacht, das wird schon wieder und mir eingeredet, dass er dem Kind nicht weh tut.““
Quelle: Berliner Zeitung vom 06.09.2008
„Sie hört die Schmerzensschreie des Söhnchens, denkt nur: „Nicht schon wieder…!“ Das erzählte sie … in der Vernehmung damals weiter: „Wenn … (der Vater) so gestresst war, habe ich immer die Schnauze gehalten…““
Quelle: Bild Zeitung vom 21.04.2009
Ihr Freund habe seit längerem eine Affäre mit einer Internetbekanntschaft gehabt und sie seien darüber in Streit geraten. Zudem haben beiden Alkohol und Drogen (hauptsächlich Amphetamine) genommen und seien dann im Rausch gewesen.
Gerichtsurteil:
Das Urteil, dass das zuständige Gericht am 29.September 2008 sprach, verurteilte den Vater zu sechs Jahren Haft wegen Körperverletzung mit Todesfolge. Die Mutter wurde aufgrund von Beihilfe zur Körperverletzung mit Todesfolge zu drei Jahren Haft verurteilt. Des Drogenkonsums und ihrer Persönlichkeitsdefizite sei es geschuldet, dass beide nur vermindert schuldfähig gewesen wären.
Der Richter fand in der Urteilsverkündung deutliche Worte für die Tat der Eltern. Er hielt diese für zutiefst verabscheuungswürdig und betonte, dass die Strafe im unteren Rahmen des eigentlich Möglichen angesetzt worden war. An die Mutter gewandt sagte er, dass sie ihren Sohn nicht geschützt habe, weil ihr die Beziehung zum Vater wichtiger gewesen sei.