Ärzte sind trotz des neuen Kinderschutzgesetzes, welches am 01.01.2012 in Kraft getreten ist, rechtlich nicht verpflichtet, entsprechend zuständigen Behörden eine Kindeswohlgefährdung mitzuteilen.
Der Arzt sollte erst mit dem Kind selbst, sofern dies möglich ist, oder mit den Erziehungsberechtigten die Umstände besprechen. Er sollte die Beteiligten auf entsprechende Hilfsangebote von Facheinrichtungen hinweisen oder selbst Hilfe anbieten. Wird die Hilfe durch die Erziehungsberechtigten abgelehnt, ist der Arzt berechtigt, in anonymisierter Form, sich selbst Hilfe bei Fachkräften der öffentlichen Jugendhilfe einzuholen.
Ist ein sofortiges Handeln auf Grund von akuter Kindeswohlgefährdung notwendig, so darf sich der Arzt an das Jugendamt wenden und die erforderlichen Daten übermitteln. Sofern es der Schutz des Kindes erlaubt, sollen auch die Betroffenen auf die Einschaltung des Jugendamtes hingewiesen werden.
Im Vordergrund stehen also helfende und unterstützende Maßnahmen, die auf ein verantwortliches Verhalten der Eltern abzielen. Erst wenn diese Maßnahmen erfolglos bleiben oder aufgrund der akuten Gefahr für das Kind nicht in Frage kommen, darf das Jugendamt eingeschalten werden.
Rechtssituation gemäß StGB
Ärzte unterliegen sowohl berufsrechtlich als auch strafrechtlich (§ 203 StGB) einer Schweigepflicht. Diese gilt auch gegenüber anderen Ärzten, die denselben Patienten behandeln. Ein Informationsaustausch zwischen diesen Ärzten ist daher ohne Einwilligung des Patienten bzw. seines gesetzlichen Vertreters nicht erlaubt.
Eine Durchbrechung der Schweigepflicht ist allerdings in Fällen eines rechtfertigenden Notstandes (§ 34 StGB) möglich.
§ 203 Verletzung von Privatgeheimnissen
(1) Wer unbefugt ein fremdes Geheimnis, namentlich ein zum persönlichen Lebensbereich gehörendes Geheimnis oder ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis, offenbart, das ihm als Arzt, Zahnarzt, Tierarzt, Apotheker oder Angehörigen eines anderen Heilberufs, der für die Berufsausübung oder die Führung der Berufsbezeichnung eine staatlich geregelte Ausbildung erfordert, Berufspsychologen mit staatlich anerkannter wissenschaftlicher Abschlußprüfung, Rechtsanwalt, Patentanwalt, Notar, Verteidiger in einem gesetzlich geordneten Verfahren, Wirtschaftsprüfer, vereidigtem Buchprüfer, Steuerberater, Steuerbevollmächtigten oder Organ oder Mitglied eines Organs einer Rechtsanwalts-, Patentanwalts-, Wirtschaftsprüfungs-, Buchprüfungs- oder Steuerberatungsgesellschaft, Ehe-, Familien-, Erziehungs- oder Jugendberater sowie Berater für Suchtfragen in einer Beratungsstelle, die von einer Behörde oder Körperschaft, Anstalt oder Stiftung des öffentlichen Rechts anerkannt ist. a) Mitglied oder Beauftragten einer anerkannten Beratungsstelle nach den §§ 3 und 8 des Schwangerschaftskonfliktgesetzes, staatlich anerkanntem Sozialarbeiter oder staatlich anerkanntem Sozialpädagogen oder Angehörigen eines Unternehmens der privaten Kranken-, Unfall- oder Lebensversicherung oder einer privatärztlichen, steuerberaterlichen oder anwaltlichen Verrechnungsstelle anvertraut worden oder sonst bekanntgeworden ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe bestraft……..
§ 34 Rechtfertigender Notstand
Wer in einer gegenwärtigen, nicht anders abwendbaren Gefahr für Leben, Leib, Freiheit, Ehre, Eigentum oder ein anderes Rechtsgut eine Tat begeht, um die Gefahr von sich oder einem anderen abzuwenden, handelt nicht rechtswidrig, wenn bei Abwägung der widerstreitenden Interessen, namentlich der betroffenen Rechtsgüter und des Grades der ihnen drohenden Gefahren, das geschützte Interesse das beeinträchtigte wesentlich überwiegt.
Dies gilt jedoch nur, soweit die Tat ein angemessenes Mittel ist, die Gefahr abzuwenden.