Sena

Das ist die Geschichte des zweieinhalbjährigen Sena, einem Kind, das niemand wirklich wollte und um das niemand wirklich trauerte. Sena ist am 11. November 2005 in Düsseldorf-Niederkassel qualvoll erstickt, nachdem ihn seine Stiefmutter zur Strafe für Stunden in einen Hartschalenkoffer eingesperrt hatte.

Sena wurde in Japan geboren, von seiner leiblichen Mutter verstoßen und an seine Großmutter weitergereicht. Im Sommer 2005 gab dann auch die Großmutter den kleinen Sena weiter, an seinen, mittlerweile in Deutschland lebenden, leiblichen Vater und dessen neue Frau.

Sena lebte sodann mit seinem Vater, seiner Stiefmutter und seinem eineinhalbjährigen Stiefbruder in einer Wohnung in Düsseldorf-Niederkassel. Senas Stiefmutter war noch sehr jung, sprach kein Wort Deutsch, hatte keinen Ansprechpartner, außer ihren Mann, der fünfundzwanzig Jahre älter war. Sie war zudem im achten Monat schwanger und mit der Gesamtsituation, zwei Kleinkinder zu versorgen, vollkommen überfordert.

Am Nachmittag des 11. Novembers 2005 verlor Senas Stiefmutter die Nerven. Senas Vater war für eine Geschäftsreise ins Ausland gereist und hatte seine kleine Familie zurückgelassen. Die Stiefmutter kam mit Sena, der sehr quirlig und schon fast hyperaktiv war, nicht zurecht. Ihr fehlte auch das Einfühlungsvermögen gegenüber ihrem Stiefsohn, der ja noch vor kurzer Zeit in Japan bei seiner Großmutter aufgewachsen war und sich nun ebenfalls, ungewollt, in einem neuen Land und in einer neuen Familie zurecht finden musste. Sena spielte an diesem Nachmittag, in den Augen seiner Stiefmutter, zu laut und war ihrer Meinung nach einfach zu quengelig. Als Sena einen Hartschalenkoffer entdeckte und in diesen hineinkrabbelte sah seine Stiefmutter die Chance endlich Ruhe vor Sena zu haben. Außerdem wollte sie Sena ohnehin noch bestrafen, da er am Tag zuvor ziemlich frech zu ihr war. Sie klappte also den Deckel des Koffers zu und verschloss diesen. Der kleine Sena war gefangen, seine Atemluft reichte gerade einmal für 20 bis 40 Minuten. In diesen Minuten kämpfte Sena um sein Leben, er hatte Angst, wurde panisch, schrie um Hilfe, klopfte von innen an den Koffer und weinte.

Senas Stiefmutter war absolut bewusst, dass ihr kleiner Stiefsohn in diesem Koffer sterben könnte, aber sie hörte weg, ging sogar in ein anderes Zimmer, um sich mit ihrem leiblichen Sohn zu beschäftigen und im Internet zu surfen, während Sena jämmerlich im Koffer erstickte.

Erst Stunden später, nachdem die Schreie und das Klopfen von Sena verstummt waren, öffnete die Stiefmutter den Koffer. Sena war nicht mehr am Leben. Nach dem Tod des kleinen Jungen rief die Stiefmutter nicht den Notarzt, sondern spürte Senas Vater in China auf und teilte ihm telefonisch mit, dass sein Sohn tot sei. Dieser informierte umgehend Bekannte in Düsseldorf, welche dann den Notarzt alarmierten.

Bei der Obduktion des kleinen Körpers fiel den Gerichtsmedizinern auf, dass Sena kein schönes Leben hatte und schon vor seinem Tod misshandelt worden war. Sein Körper wies etliche neue, sowie alte Blutergüsse und Spuren von Schlägen auf.

Senas Vater hielt zu seiner Frau und verzieh ihr den Tod seines Sohnes. Er sagte sogar, Sena sei ihm im Traum erschienen und habe sich entschuldigt, dass er zu ihm und seiner Stiefmutter keine Beziehung aufbauen konnte. Es erleichtert natürlich das Gewissen des Vaters, wenn man einem zweijährigen Jungen die Schuld für das abscheuliche Verhalten der Stiefmutter geben kann. Denn welche Beziehung kann ein Kleinkind innerhalb weniger Monate zu einem vollkommen fremden Menschen aufbauen, bei denen er weder erwünscht war, noch geliebt wurde.

Gerichtsurteil:
Die Stiefmutter wurde wegen Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Das Urteil ist rechtskräftig.