Dies ist die Geschichte der kleinen Lilly aus Sauerlach, die aufgrund schwerer Verletzungen, welche ihr im Alter von gerade mal acht Wochen vom eigenen Vater zugefügt wurden, wahrscheinlich für immer intensiv pflegebedürftig bleiben wird.
Die Eltern von Lilly waren noch sehr jung. Die Mutter war gerade 19 Jahre alt und Abiturientin, als sie mit Lilly schwanger wurde. Der Vater 23 Jahre alt, ein gelernter Elektroniker.
Beide waren sehr gläubig und gingen in die selbe Kirchengemeinde – wo sie sich auch kennenlernten. Als beide heirateten, waren sie noch bei ihren Eltern wohnhaft und zogen einen Monat nach der Hochzeit in eine eigene Wohnung.
Lilly war nicht geplant. Der Vater, so sagte er später aus, hätte sich aber dennoch sehr über die Schwangerschaft gefreut. Laut seiner Aussage nahm er sich einen Monat Elternzeit, um mehr Zeit mit seiner Familie verbringen zu können. Letztendlich gab er seine Erwerbstätigkeit ganz auf.
Die Betreuung von Lilly teilten sich beide. Er habe gewickelt, sie gestillt. Den Haushalt erledigten sie zusammen. Er gab sich im späteren Prozess als liebevollen , treusorgenden, sanften Vater. Nach seinen Ausführungen war es eine Bilderbuch-Ehe, in der es keinerlei Probleme gab.
Das dies so nicht stimmen konnte, zeigte sich bereits im November 2014. Bei einem Besuch beim Kinderarzt, stellte sich heraus, dass Lilly verletzt war. Der Kinderarzt meldete Lillys Besuch im Krankenhaus zur Abklärung an, da er von einer Misshandlung des Säuglings ausging. Die Eltern tauchten aber nie dort auf. Weiter nachgehakt wurde damals nicht.
Am 02. Dezember 2014 kam es dann zur folgenschweren Tat, die ein gesundes Kind für immer zu einem Pflegefall machte sollte.
Lilly rang nach Luft und ließ sich nicht mehr aufwecken. Obwohl sie keinerlei Lebenszeichen mehr von sich gab, wartete ihr Vater noch ab, rief dann aber schließlich doch den Notruf.
Die Rettungssanitäter gingen zunächst von einem Infekt aus, bemerkten aber bald einen Bluterguss an Lillys Auge. Das kleine Mädchen musste sofort notoperiert werden.
Die Ärzte mussten Lillys Schädeldecke abnehmen, um den Druck auf ihr Gehirn zu minimieren. Die kleine Lilly erlitt ein Hirnödem, es folgten mehrere Operationen aufeinander, sowie ein Aufenthalt in einer Rehabilitationsklinik.
Die Ärzte diagnostizierten, dass das Mädchen für immer auf fremde Hilfe angewiesen sein würde. Eine Folge der Misshandlungen waren unter anderem epileptische Anfälle.
Lillys Mutter, die nach wie vor zu ihrem Mann hielt, wollte dies nicht wahrhaben und deutete die epileptischen Anfälle als „Lächeln“.
Eine Woche nach der Tat kam der Vater in Untersuchungshaft. Er stritt nach wie vor ab, Lilly etwas angetan zu haben und beschrieb das Schütteln als „Spiel“. Obwohl die Hebamme als auch der Kinderarzt mehrmals darauf hingewiesen hatten, dass das Schütteln für Säuglinge lebensgefährlich sein kann, habe er Lilly öfters mit beiden Händen in die Luft gehoben und hin und her „geschaukelt“. Dabei sei das kleine Köpfchen „hoch und runter“ gewippt.
Weiterhin habe er Lilly aus ca. 10 cm Höhe aufs Bett geworfen und war ist mit dem knapp zwei Monate alten Säugling im Kinderwagen über ein Acker gerast, um Lilly „durchzuschütteln“. All das habe dem kleinen Mädchen gefallen, sagte er aus.
Gerichtsurteil:
Am ersten Prozesstag äußerte sich der Vater über Lillys Zustand vor Gericht, indem er sagte, dass es seiner kleinen Tochter immer besser gehen würde und ihr Kopf bereits verheilt sei.
Er ginge fest davon aus, dass Lilly ein normales Leben führen und er bald wieder mehr Zeit mit seiner Tochter verbringen könne.
Seine Aussagen vor Gericht in Bezug auf das harmonische Familienleben und des liebevollen Vaters passten mit seinen tatsächlichen Handeln nicht zusammen. Da vor der eigentlichen Tat bereits Verletzungen an dem kleinen Säugling festgestellt worden waren und sich zudem im Prozess herausstelle, dass er oft genervt gewesen war von Lillys Schreien, was ihn beim fernsehen oder surfen im Internet störte.
Der Staatsanwaltschaft kamen auch Zweifel an dem harmonischen Familienleben, da Lillys Mutter am Abend zuvor nicht zu Hause geschlafen hatte, weil es einen heftigen Streit zwischen dem jungen Paar gegeben hatte . Der Vater bestritt dies jedoch und behauptete, der Streit wäre harmlos gewesen.
Am zweiten Prozesstag belasteten zudem die Aussage der Eltern des Vaters diesen. Das Paar habe sehr oft gestritten und er habe sich deswegen öfters bei seiner Frau entschuldigt. Außerdem habe es Probleme in der Erziehung von Lilly gegeben. Die Mutter von Lillys Vater behauptete weiterhin, sie wisse momentan gar nicht wie es ihrer Enkelin ginge, über den „Vorfall“ wurde nicht gesprochen.
Zu diesem Zeitpunkt rang das kleine Mädchen immer noch ums Überleben.
Ein Sachverständiger gab an, der kleine Säugling musste mindestens 15 Sekunden lang zehn mal hin und her geschüttelt worden sein.
Lillys Mutter verweigerte die Aussage, sie wollte ihren Mann nicht belasten.
Schließlich wurde der Vater zu acht Jahren Haft wegen gefährlicher und schwerer Körperverletzung verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte 2 1/2 Jahre wegen versuchten Mordes gefordert. Der Verteidiger forderte Freispruch, da für ihn auch die Mutter als Täterin in Frage kam.
Letztendlich wird Lilly nie ein unbeschwertes und eigenständiges Leben führen können, da sie durch die Hände ihres Vaters ihr Leben lang körperliche und geistige Schäden davon getragen hat.