Dies ist die Geschichte des kleinen Leo aus Mönchengladbachbach. Er wurde in der Nacht zum 21. Oktober 2015 nach stundenlangen Misshandlungen von seinem Vater getötet. Baby Leo wurde nur neunzehn Tage alt.
Leo wurde am 02. Oktober 2015 in einem Mönchengladbacher Krankenhaus kerngesund geboren. Nach vier Tagen durfte Leo das Krankenhaus mit seinen Eltern verlassen. Der 26 jährige Vater von Leo ging seinem Beruf als Fachlagerist nach und die Mutter, 25 Jahre alt, kümmerte sich zuhause um den kleinen Leo.
Nur ein paar Tage später am 12. Oktober 2015 verlor der Vater plötzlich und scheinbar überraschend seine Arbeitsstelle und somit begannen offenbar die Qualen des kleinen Leo.
Der Vater wurde eifersüchtig auf sein eigenes Baby, da er sich um die Liebe und Aufmerksamkeit der Mutter bestohlen fühlte. Er wurde zunehmend wütender auf die Gesamtsituation und ließ diese Wut an dem kleinen wehrlosen Leo aus. Er fasste ihn zu hart an, wobei er Leo Quetschungen zufügte. Einmal habe er das Kind versucht zu füttern und verbrühte ihn dabei mit heißer Milch am Mundwinkel. Er rammte dem Kleinen die Flasche so tief in den Mund, das Leo sich dabei verletzte. Diese Verletzung blieb von der Mutter nicht unentdeckt und sie ging daraufhin mit ihrem Sohn zum Arzt. Sie hielt es für Herpes, jedoch belehrte die Kinderärztin die Mutter darüber, dieses sei eine Verbrühung. Nach anfänglichem Zögern gab der Vater zu, dass er dafür verantwortlich sei und nicht aufgepasst habe mit der Temperatur der Milch.
Die Kinderärztin mahnte beide an, dass so etwas nicht noch einmal passieren dürfte. Die Mutter war in Tränen aufgelöst über diese Nachricht, jedoch stellte sie ihren Mann zu den Geschehnissen nicht zur Rede. Sie verließ mit Mann und Kind wieder die Praxis.
In den Tagen danach weinte der kleine Leo sehr viel. Die Gewalt durch seinen Vater verschlimmerte sich und er ließ sich nur noch auf dem Arm der Mutter beruhigen. Nur zwei Tage vor seinem Tod änderte sich dies jedoch. Die Gewalt durch seinen Vater wurde so massiv, das ihn selbst die Mutter nicht mehr beruhigen konnte. Er schrie durch die Schmerzen, die ihm sein Vater zufügte, unentwegt. Auch diesen Verlauf der Geschehnisse und der offenbar immer schlechter werdende Zustand von Baby Leo hielt die Mutter nicht davon ab, den Vater mit in die Versorgung Leos einzubeziehen.
So auch am Abend des 20. Oktober 2015. Die Mutter legte sich nach eigenen Aussagen früh schlafen und der Vater sollte sich um Leo kümmern. Als Leo später am Abend schrie und quengelte, war der Vater bereits genervt. Er bereitete ihm das Fläschchen zu und versuchte ihn zu füttern. Was bereits seit zwei Tagen nicht mehr funktionierte, scheiterte auch in dieser Nacht. Er wurde wieder wütend und misshandelte sein kleines Baby erneut. Nach etwa einer Stunde der Misshandlungen fasste er den Entschluss, sein eigenes kleines Baby zu töten.
Mit schier unvorstellbarer Gewalt wirkte er auf den Jungen ein. Dabei setzte er sich minutenlang auf den Kopf des Jungen und schreckte auch vor sexuellem Missbrauch nicht zurück. Ganze vier Stunden dauerten die Qualen des Babys, in denen er unglaublich geschrien haben muss, während die Mutter im Zimmer nebenan lag und schlief.
Gegen 03.00 Uhr in der Nacht beendete der Vater dann das Leben seines Jungen. Er schlug Leos Köpfchen zweimal gegen die Tischkante im Wohnzimmer. Der Vater bemerkte, dass Leo offenbar nach diesem Aufprall leblos war. Da er jedoch sicher gehen wollte vom Tod seines Kindes, schlug er ihn ein drittes Mal mit voller Wucht gegen die Tischkante.
Leo war nun tot und scheinbar unbeeindruckt von den schrecklichen Ereignissen legte der Vater ihn ins Bett, deckte ihn zu und ging selbst schlafen.
Erst viele Stunden später rief er den Notarzt. Gegen 08.50 Uhr am Morgen des 21. Oktober ging in der Rettungsleitstelle der Notruf ein. Der Vater sagte, sein Baby würde nicht mehr atmen. Leo war da bereits schon viele Stunden tot , doch das verschwieg er. Der eintreffende Notarzt versuchte noch, Leo ins Leben zurück zu holen, jedoch war es bereits zu spät. Er konnte somit nur noch den Tod des 19 Tage alten Jungen feststellen.
Der Notarzt bemerkte noch vor Ort Spuren von Gewalt am Körper des Jungen, diese stellten sich jedoch nicht eindeutig dar. Leo kam zur weiteren Untersuchung in die Rechtsmedizin und die Kriminalpolizei wurde verständigt. Am gleichen Tag wurde Leos Kopf in einem neuartigen und speziellen Verfahren in einem CT untersucht. Die Mediziner stellten Unregelmäßigkeiten fest und die Ermittler beschlossen noch am selben Tag eine Obduktion durchzuführen, die eigentlich erst für den darauffolgenden Tag geplant war. Bei der Obduktion stellten Gerichtsmediziner immense Misshandlungen, vor allem am Kopf, fest. Leos kleiner Körper wies unzählige blaue Flecken auf und ein Schütteltrauma, welches durch einen dumpfen Schlag ausgelöst worden sein musste.
Dieser Schlag führte eindeutig zum Tod des Babys. Mit diesen erschreckenden und belastenden Details suchten die Ermittler am nächsten Morgen die Eltern auf und nahmen sie in deren Wohnung fest. In stundenlangen Vernehmungen gab der Vater jede Misshandlung zu und demonstrierte jede einzelne von ihnen an einer Puppe. Selbst hartgesottene Ermittler waren sprachlos und geschockt. Die Mutter sagte aus, die Schreie ihres Babys gehört zu haben, jedoch aus Angst, dass ihr Mann ihr wieder Vorwürfe machen könnte, sei sie nicht nachsehen gegangen.
Beide verblieben in Untersuchungshaft. Es kam zur Anklage. Dem Vater wurde Misshandlung von Schutzbefohlenen, schwerer sexueller Missbrauch von Kindern und Mord vorgeworfen und die Mutter musste sich wegen Tötung durch Unterlassen vor Gericht verantworten.
Beisetzung:
Leo wurde acht Tage später am 29. Oktober 2015 auf dem Hauptfriedhof in Mönchengladbach beigesetzt. Die Stadt richtete die Trauerfeier für den Säugling, der nur neunzehn Tage alt werden durfte, aus. Er wurde in einem weißen Sarg beerdigt, während ein Pfarrer predigte. Die ermittelnden Beamten waren auch anwesend und manche weinten sogar. Die Betroffenheit über Leos Schicksal ging einer ganzen Stadt sehr nah. Die Anteilnahme nach seinem Tod war riesengroß, sodass es sogar einen Trauermarsch zum Gedenken an das brutal getötete Baby gab.
Gerichtsurteil:
Der Prozess begann am 19. April 2016 vor dem Mönchengladbacher Landgericht. Der Andrang zum Prozessauftakt war riesengroß. Sieben Verhandlungstage wurden angesetzt, um das Schicksal des Jungen restlos aufzuklären.
Am ersten Verhandlungstag ließ der Vater durch seinen Verteidiger eine Erklärung verlesen, indem er die Misshandlungen einräumte, aber für den Rest des Prozesses sich nicht mehr äußern würde.
Die Mutter war bereit auszusagen, jedoch zur Überraschung aller widerrief sie die Aussage, die sie am Tag nach der Tat gemacht hatte. Es sollte alles ganz anders gewesen sein. Nun sagte sie aus, in der Nacht tief und fest geschlafen zu haben und von den stundenlangen Misshandlungen an ihrem Sohn nichts mitbekommen zu haben. Am nächsten Tag ging sie von einem plötzlichen Kindstod aus. Der Notarzt beruhigte sie an dem Morgen noch, sie habe alles richtig gemacht und sie könne nichts dafür. Es war für sie unvorstellbar, dass ihr Mann zu so etwas fähig gewesen sei und nun bereue sie es zutiefst, ihm Leo anvertraut zu haben. Auf mehrmaligen Nachfragen des Vorsitzenden Richters, dass sie in der Nacht etwas mitbekommen haben musste, da Leo unsagbar geschrien haben musste, antwortete sie, in Tränen aufgelöst, dass sie geschlafen habe und nichts mitbekommen habe. Diesen Umstand konnte sie sich aber nicht erklären, sie hätte alles für das Leben ihres Kindes getan, sogar gestorben wäre sie für ihn. Der Richter fragte natürlich nach, warum sie bei der Polizei etwas ganz anderes ausgesagt hatte und die Schreie des Kindes hörte, aber nicht eingeschritten sei, aus Angst, ihr Mann könnte ihr abermals Vorwürfe machen. Sie sagte dazu lediglich, das die stundenlangen Vernehmungen sie sehr mitgenommen hatten und sie einfach nur wolle, das es aufhörte. Sie fühlte sich unter Druck gesetzt und nickte alles mit einem Ja ab. Die Ermittler gaben aber an, das alles korrekt gewesen sei und die Mutter ordnungsgemäß nach Vorschrift vernommen worden war.
Im Laufe der Verhandlung wurden mehrere Zeugen gehört. Die Kinderärztin sagte aus, den kleinen Leo im Oktober 2015 untersucht zu haben. Sie stellte eine Verbrühung am Mund fest und mahnte die Eltern zur Sorgfalt gegenüber ihrem Baby an. So etwas dürfe nicht noch einmal passieren. Ein mulmiges Gefühl beschlich die Ärztin dennoch an dem Tag in der Praxis, als sie die Eltern wieder verabschiedete.
Der Gerichtsmediziner zählte die Verletzungen des kleinen Leo auf. Er war übersät mit blauen Flecken und hatte ein Schädel-Hirn-Trauma erlitten, welches durch die Schläge auf die Tischkante ausgelöst worden waren. Dies führte zum Tod des Babys. An diesem Tag musste der Prozess unterbrochen werden, die Kindsmutter wollte aufgrund der geschilderten Details auf ihren Noch-Ehemann los gehen. Das Wachpersonal verhinderte Schlimmeres und nach der Ermahnung durch den Richter konnte der Prozess fortgesetzt werden.
Der 5. Prozesstag stand im Zeichen der Gutachter und die alles entscheidende Frage, ob und inwieweit beide schuldfähig wären. Beide unabhängigen Sachverständigen kamen zu dem Schluss ,dass die Mutter als auch der Vater als voll schuldfähig einzustufen wären.
Dem Vater wurde zwar eine narzisstischste Persönlichkeitsstörung nachgewiesen, dies war jedoch nicht ausschlaggebend für die Tat. Bereits in seiner Jugend kam er in Kontakt mit Drogen, fiel durch Gewalt und hohes Aggressionspotenzial auf. Er stand gerne im Mittelpunkt und dies war auch nach der Tat der Fall. Bei der Vernehmung war seitens der Ermittler und Polizisten eine Gefühlskälte des Mannes zu spüren. Zwar wischte er sich die Augen, aber Tränen waren keine zu sehen gewesen. Keine Reue und Mitgefühl über den Tod seines Sohnes, so sagten es die Beamten später aus.
Der Gutachter ging davon aus, das der Mann sich durch die Geburt des Sohnes in der Familie zurückgesetzt fühlte und wurde zunehmend eifersüchtig auf Leo war, um den sich alles in der Zeit nach der Geburt drehte. Er löste Probleme mit Gewalt und dies bekam sein kleines, wehrloses Baby schnell in voller Härte zu spüren.Der Vater konnte sich niemanden unterordnen und zeigte auch keinerlei Leistungsstärke bezüglich seines Handelns im Leben. Der Mann gab bei der Vernehmung an, er habe in der Tatnacht erheblichen Cannabiskonsum gehabt, die Blutuntersuchung zeigte jedoch ein anderes Ergebnis. Er stand nicht unter Drogen und hatte bewusst alle Handlungen an dem Baby vorgenommen.
Am vorletzten Prozesstag wurden die Plädoyers gehalten. Die Staatsanwaltschaft forderte für den Vater eine lebenslange Haftstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld. Es galt als erwiesen, dass er mit jeder grausamen Misshandlung das Leben seines Kindes aufs Spiel setzte und schließlich den Tod des Kindes herbeiführte, indem er den kleine Jungen stundenlang misshandelte. Die Schläge mit dem Kopf gegen die Tischkante endeten für Leo tödlich. Ein qualvoller und vermeidbarer Tod lautet der Vorwurf der Staatsanwaltschaft gegen die Mutter. Sie hätte ihr Kind in der besagten Nacht zu sich holen können und so den Tod ihres Kindes abwenden können. Stattdessen hatte sie Leo für ihren Mann geopfert, da war sich die Staatsanwaltschaft sicher. Für sie beantragte die Staatsanwaltschaft sieben Jahre und sechs Monate Haft wegen Totschlags durch Unterlassen.
Seitens der Verteidigung äußerte sich nur der Anwalt der Mutter. Er forderte einen Freispruch, sie war sich der Ausmaße der Gewaltanwendung in der Nacht nicht bewusst. Sie selbst sagte in ihrem Schlusswort aus, dass es ihr egal sei, ob sie verurteilt würde oder eben nicht, dass Schlimmste sei der Tod ihres Kindes. Des Weiteren würde bei einer Verurteilung ihrerseits lediglich ihre Familie bestraft, nicht aber sie selbst.
Am 31.Mai 2016 kam es zur Urteilsverkündung im vollbesetzten Gerichtssaal. Leos Vater wurde wegen Mordes, Misshandlung von Schutzbefohlenen und schweren sexuellen Missbrauchs an Kindern zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe mit Feststellung der besonderen Schwere der Schuld verurteilt. Er hat somit keine Möglichkeit, nach fünfzehn Jahren einen Antrag auf vorzeitige Haftentlassung zu stellen. Der Richter sprach bei der Begründung von einem barbarischen Akt der Gewalt gegen das Kind. Unvorstellbar grausam war die Nacht, in der Leo starb.
Bei der Verkündung des Urteils gegen die Mutter wurde es hektisch und laut im Gerichtssaal. Sie wurde wegen Misshandlung durch Unterlassen zu einer Bewährungsstrafe von zwei Jahren verurteilt. Unverständnis auf der einen und Erleichterung auf der anderen Seite machten sich deutlich bemerkbar, sodass der Richter ermahnen musste und notfalls den Saal hätte räumen lassen. Dazu kam es nicht, alle beruhigten sich wieder und der Richter setzte die Verhandlung fort und begründete seine Entscheidung. Das Gericht ging zwar davon aus, dass die Mutter etwas mitbekommen haben musste in der Tatnacht, jedoch habe sie ihrem Mann vertrauen wollen und sei daher liegengeblieben, obwohl sie Schreie gehört hatte. Eine Tötung durch Unterlassen sei ihr deshalb nicht nachzuweisen, sie habe um die tödliche Gefahr für ihr Kind nicht gewusst.
Die Staatsanwaltschaft kündigte bereits am Tag der Urteilsverkündung an, in Revision zu gehen zu wollen. Einige Tage später wurde diese auch beantragt. Die Staatsanwaltschaft hielt das Strafmaß der Mutter für unangemessen milde und legte gegen das Urteil Revision ein. Die Anklage strebte eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen an mit einer Haftstrafe von mehr als sechs Jahren.
Im Revisionsverfahren stand die Frage im Vordergrund, was die Mutter in der Nacht mitbekommen hatte, als ihr Sohn zu Tode gequält wurde. Sie gab an, fest geschlafen zu haben. Sie wusste jedoch, dass der Vater in den vergangenen Tagen sehr grob mit Leo umging und ihn bereits verletzt hatte. Zudem hörte sie sonst jeden Mucks von ihrem Sohn und reagierte sofort. Daher erschien ihre Aussage vor Gericht unglaubwürdig, dass sie von dem 4-stündigen Martyrium direkt nebenan nichts mitbekam. Leo wurde über Stunden gequält und missbraucht; schrie verzweifelt um sein Leben und erlitt unvorstellbar grausame Schmerzen.
Ein Kriminalbeamter, der am Morgen nach Leos Tod in der Wohnung anwesend war, sagte aus, dass Wohn- und Schlafzimmer nur durch eine dünne Wand getrennt seien. Bei verschlossener Tür habe er ein Gespräch der Eltern in normaler Zimmerlautstärke problemlos verstehen können. Es sei daher unmöglich, dass sie die Schreie ihres Kindes nicht gehört haben soll.
Die Mutter schritt in all den vielen Stunden nicht ein, als Leo von seinem Vater schwer misshandelt wurde. Dabei habe sie damit rechnen müssen, dass ihr Sohn in Lebensgefahr schwebte. Sie opferte Leo für die Beziehung zum Vater. Bei der Polizei hatte sie kurz nach Leos Tod zugegeben, sie habe die Schreie zwar gehört, aber nicht reagiert. Im Prozess gab sie jedoch an, diese Aussage nur unter dem Druck der Polizisten gemacht zu haben. Jedoch gab es keine unzulässige Vernehmungsmethode.
Ebenfalls wichtig war für die Richter das Verhalten der Mutter am Morgen als Leo tot aufgefunden wurde. Sie saß weinend an seinem Bettchen. Doch wenn ein Kind unerwartet stirbt, reagiere man normalerweise hysterisch und wütend.
Die Mutter wurde Ende 2017 wegen Körperverletzung mit Todesfolge durch Unterlassen und Misshandlung von Schutzbefohlenen durch Unterlassen zu einer Haftstrafe von drei Jahren und sechs Monaten verurteilt worden. Das Urteil ist rechtskärftig.
Nachtrag:
Zum Gedenken an Leo wurde am Peter Schumacher Platz in Neuwerk /Mönchengladbach ein Baum gepflanzt.
Dieser soll die Erinnerung an den kleinen Jungen wahren und somit unvergessen machen.