In Berlin häuften sich 2007 innerhalb kurzer Zeit Fälle von toten oder verwahrlosten Kindern. Wenige Wochen nach dem Fund der verbrannten Leiche der 14-jährigen Christina in einem Rollkoffer ereignete sich der zweite Mädchenmord im gleichen Jahr.
Hier beginnt die Geschichte von der achtjährigen Amani, deren Leiche am Morgen des 05. Mai 2007 mit durchgeschnittener Kehle von einer Spaziergängerin auf einer Bank in einer Grünanlage der Wilmersdorfer Forckenbeckstraße in Berlin gefunden wurde. Der gerufene Notarzt konnte nur noch den Tod des Mädchens feststellen. Der Großeinsatz von Polizeibeamten konnte keine weiteren Beweise oder Zeugen ermitteln, das rosa Fahrrad, auf dem Amani unterwegs gewesen war, blieb verschwunden. Der getrennt lebende Vater erkannte seine Tochter auf den Bildern in den Medien und identifizierte sie. Er musste eine Speichelprobe abgeben und schied bereits früh als Täter aus. Die zunächst nicht auffindbare Mutter wurde einen Tag später wegen Tatverdachts festgenommen. Es waren keine Kampfspuren feststellbar gewesen, sodass man von einer vertrauten Person als Täter ausging. Anderenfalls hätte sich ein so junges Mädchen bei einem Übergriff bemerkbar gemacht. Ermittler beschrieben die Mutter bei der Festnahme als kalt und desinteressiert und sahen den Fall als gelöst an. Die Mutter konnte sich jedoch nicht daran erinnern, an dem Tod ihrer Tochter beteiligt gewesen zu sein und auch nicht, wo sie zur Tatzeit gewesen war. Man fand Fahrkarten nach Hamburg in ihrer Tasche und Aufnahmen der dortigen Überwachungskameras belegten ihre Reise. Dort wohnte ihr Freund, den sie plante zu heiraten. Sie verdächtigte Freunde ihres Exmannes des Missbrauchs und Mordes an ihrer Tochter, was jedoch nicht bestätigt werden konnte.
Beisetzung:
Amani wurde auf dem Wilmersdorfer Friedhof beigesetzt. Etliche Verwandte und Freunde aus der afrikanischen Gemeinde gaben ihr das letzte Geleit, als der kleine weiße Kindersarg verziert mit roten Rosen und rosa Schleifen als Ehrerbietung in die Erde herabgelassen wurde. Für den Vater als auch die Großeltern war der Abschied ein schwerer Moment.
Prozess:
Amanis Fall wurde vor dem Berliner Landgericht verhandelt. Die Anklage lautete auf Mord aus Heimtücke, nannte aber kein Motiv für die Tat. Die Mutter nahm interessiert am Prozess teil, wirkte jedoch teilnahmslos, als beträfe es nicht ihr eigenes Kind.
Die Verteidigung erklärte, die Ermittler hätten sich zu schnell einzig auf die Mutter als Täterin konzentriert. Die Herkunft der gefundenen Blutspuren an den Sachen der Mutter seien ungeklärt, da diese auch während des Zusammenlebens an die Kleidung gekommen sein konnten. Spekulationen, dass die Tat einzig geschah, weil Amani dem Glück der Mutter im Wege stand, wurden scharf zurückgewiesen.
Zeugen hatten Mutter und Tochter am Tattag gemeinsam das Haus verlassen sehen. Der getrennt lebende Exmann jedoch entlastete die Mutter, sie sei stets eine gute Mutter gewesen und es habe ein sehr gutes Verhältnis zwischen den beiden bestanden. Während des Prozesses wurde jedoch auch deutlich, dass die Mutter die Trennung noch nicht verkraftet hatte und sich seit dem Tod der Tochter in einem seelischen Ausnahmezustand befand. Er berichtete, dass sich die Eltern 2006 während einer Reise der Mutter mit deren Eltern an der Elfenbeinküste kennengelernt hatten, als er noch mit einer anderen Frau zusammen gewesen war. Als es mit dieser schwierig geworden war, zog er bei der Mutter ein, sie heirateten. Dann wurde auch diese Beziehung schwierig, da die Mutter sehr launenhaft wurde. Zerbrochen war die Beziehung schließlich, als die Mutter versucht hatte, das Kind, das sie erwartete, abzutreiben. Ab jenem Tag hatte sie ihn nicht mehr in die Wohnung gelassen und er war zu seiner Exfreundin zurückgekehrt. Die Scheidung wurde rechtskräftig, doch die Mutter hatte die Trennung nie verwunden, hatte noch wenige Wochen vor dem Tod der Tochter versucht, ihn zurückzubekommen. Das Verhältnis zueinander sei gut gewesen. Die Tat traute er ihr nicht zu.
Die Mutter, eine ehemalige Politikwissenschaftsstudentin und zuletzt arbeitslos, hatte Geldsorgen, die in Mietschulden und anschließender Räumungsklage geendet hatten, sodass sie mit ihrer Tochter im Heim für obdachlos gewordene Familien lebte und vom Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf intensiv betreut wurde. Selbst Kind einer Deutschen und eines Afrikaners wuchs sie wohlbehütet in Deutschland auf, besaß ein engeres Verhältnis zum Vater als zur Mutter, der ihr viele Geschichten aus der Heimat erzählt und seine Sehnsucht an Afrika an seine Tochter weitergegeben hatte. Eingeschaltete psychologische Gutachter gingen davon aus, dass sie sich dabei andere Identitäten erschuf. Und dies endete in Wahnvorstellungen, die sie glauben ließen, der Vater sei ihr Feind, der nach ihrer Scheidung den Kontakt zu ihr abgebrochen und sie mit dem Voodoo-Zauber verhext hatte. Für ihre Mitmenschen galt sie als nett und normal, ihre Tochter als freundlich, eine ganz normale Familie, auch wenn man den Vater nie gesehen hatte, auch keine anderen Männer. Psychische Probleme hatte sie, aber krank war sie nicht, stellten die Ärzte fest; keine Drogen und kein Eintrag im Register. Während der Verhandlung gab sie an, für den Tod von Amani seien Tempelritter und Freimaurer verantwortlich gewesen.
Die Gerichtsmediziner stellten Gewalt gegen den Hals als Todesursache fest. Mit einem einzigem Hieb sei die Kehle, d.h. Halsvene, Halsschlagader sowie Luft- und Speiseröhre durchtrennt worden, wodurch Amani sehr viel Blut verloren hatte, doch gestorben sei sie durch eine Luftembolie. Dazu sei ihr, als sie sich gewehrt hatte, eine Fingerkuppe abgerissen worden.
Gerichtsurteil:
Am 24.06.2008 erging schließlich das Urteil.
Amanis Mutter wurde vom Mordvorwurf freigesprochen, man wies sie aber in die psychiatrische Klinik ein. Als Begründung gab der vorsitzende Richter an, dass es keine Beweise, nur eine Reihe von Indizien gab, man aber von der Schuld der Mutter überzeugt sei. Durch die psychische Störung, die zwei Gutachter nicht eindeutig feststellen konnten, sei sie strafrechtlich allerdings nicht zur Verantwortung zu ziehen.
Nachdenklich stimmte die Emotionslosigkeit der Mutter während des Verfahrens, als ginge sie der Tod der Tochter nichts an, während sie mit einem aussagenden Freund munter sprechen und den Zuschauern im Gerichtssaal Grimassen schneiden konnte. Die Gutachter waren sich daher darin einig, dass die Mutter krank war, doch durch den fehlenden Kontrollverlust und Parameter für die Täterschaft, sei ihre Schuld nicht eindeutig feststellbar.