Das ist die Geschichte von Benjamin aus Stadtprozelten. Im Alter von sechs Monaten starb er am 20. Juni 2014 an den Folgen der stundenlangen Misshandlungen durch seine Mutter.
Schon als das erste Kind von Benjamins Eltern geboren wurde, wurde das Jugendamt durch eine Nachbarin auf eine mögliche Überforderung der Mutter aufmerksam gemacht. So war die Mutter mit alltäglichen Dingen, welche für andere Mütter eine Selbstverständlichkeit sind, überlastet. Der kleine Junge wurde beispielsweise mit den Worten „Missgeburt, Sau, Arschloch“ beschimpft, wenn er die Nahrungsaufnahme verweigerte. Zudem hatte sich die Mutter nur durch Aufforderung dazu animieren lassen, ihrem Sohn auch einmal etwas vorzulesen oder vorzusingen. Körperliche Gewalt hätte die Mutter allerdings nicht angewandt. Die vom Jugendamt angebotene Hilfe lehnte sie ab. Sie wollte es allein schaffen. Je älter der Sohn wurde, desto leichter fiel der Mutter auch der Umgang mit ihm. Jetzt konnte er sich verständlich machen, so dass seine Mutter ihn verstand und mit ihm zurecht kam.
Zehn Jahre später, am 08. Dezember 2013, kam Benjamin zur Welt. Ein Wunschkind! Doch auch Benjamin überforderte seine Mutter. Er war noch nicht in der Lage, sich ihr gegenüber zu artikulieren, genauso wenig, wie sein Bruder damals. Er konnte noch nicht sagen, ob er müde oder hungrig war oder ob ihm etwas schmerzte.
So auch an dem Tag des 17. Juni 2014. Da es für beide Kinder auferlegte feste Essens- und Schlafenszeiten gab, von denen die Mutter sich auch nicht abbringen ließ, musste Benjamin schlafen, ob er nun müde war oder nicht. Gegen 13 Uhr lag Benjamin in seinem Bett. Der inzwischen sechs Moante alte Junge war unruhig und konnte einfach nicht einschlafen. Dies missfiel seiner Mutter. Sie schlug Benjamin mehrfach mit der Faust auf sein Köpfchen sowie in sein Gesicht. Immer wieder verließ sie zwischendurch das Zimmer. Als Benjamin um 15.30 Uhr immer noch schrie, packte sie ihn unterhalb seines Halses und fing an, ihn zu schütteln. Letztendlich schlug sie ihren kleinen Sohn mit den Kopf mehrmals an die Stangen seines Bettchens.
Benjamin war still! Seine Mutter legte ihn wieder zurück ins Bett, in dem Wissen, dass es ihrem Sohn nun sehr schlecht ging.
Der Vater erhielt sodann im Laufe des Nachmittags bis hin zum Abend mehrfach Anrufe seiner Frau. In diesen Telefonaten teilte sie ihm mit, dass Benjamin sehr lange schlafen würde und beim Abendessen auch schief in seinem Stuhl gesessen habe und nichts essen wollte. Als der Vater von seiner Schichtarbeit nach Hause zurückkehrte, sah er allerdings keinen Anlass, nach seinem Sohn zu schauen. Er wollte ihn nicht aufwecken.
Er legte sich schlafen und wachte um 04.00 Uhr auf. Im Kinderzimmer sah er seine Frau und seinen schwer atmenden Sohn.
Er wies seine Frau an, einen Notarzt zu rufen. Als die Rettungskräfte eintrafen, lag Benjamin auf dem Wickeltisch. Dies verwunderte die Helfer, da normalerweise eine Mutter in solch einer Situation ihr Kind doch im Arm halten und nur schwer los lassen würde. Doch Benjamins Mutter stand neben dem Wickeltisch und alles was sie sagte war: „Ich habe nichts gemacht!“ Nur einmal wandte sie sich mit den Worten: „Was schreist Du denn so? Ich hab´ dir nichts getan!“ an ihren Sohn.
Als Begründung, warum es ihren Sohn so schlecht ginge, sagte die Mutter, dass er in einem Augenblick der Unachtsamkeit vom Sofa auf den Steinboden gefallen sei.
Benjamin wurde in die Uni-Klinik Frankfurt eingeliefert. Durch die Misshandlungen seiner Mutter hatte er zahlreiche Hämatome im Gesicht, zwei Schädelfrakturen und eine Hirnverletzung davongetragen. Die Verletzungen waren so schwerwiegend, dass er am Vormittag des 20. Juni 2014 verstarb.
In der Klinik teilten Beamte der Mutter mit, dass Benjamins Verletzungen keinesfalls von einem Sturz herrühren könnten und nahmen sie fest.
Eine Polizistin, welche die Mutter vernommen hatte, beschrieb diese als „geistig schwerfällig“ sowie „gefühlskalt“. Auch habe sie die Mutter gefragt, warum sie denn erst jetzt, nachdem die Klinikärzte sie dazu aufgefordert hätten, ins Krankenhaus zu ihrem Sohn gekommen sei. Darauf antwortete die Mutter, dass sie und ihr Mann ja erst noch hätten frühstücken müssen, denn ohne Frühstück könne man ja nicht fahren.
Beisetzung:
Benjamin fand seine letzte Ruhe auf dem Friedhof in Stadtprozelten. Sein Grab schmückt ein schlichtes weises Holzkreuz auf dem sein Name und sein Geburts- und Todestag steht. Darunter ein Foto von ihm.
Gerichtsurteil:
Im Januar 2015 wurde Benjamins Mutter wegen Totschlags zu sieben Jahren Haft verurteilt.
Die Gefährlichkeit ihrer Handlungen, so der Richter, waren der Mutter bekannt und sie habe den Tod von Benjamin billigend in Kauf genommen.