Dies ist die Geschichte der kleinen Jill aus Neuss. Das vier Wochen alte Mädchen wurde von ihren Eltern zu Tode geprügelt und gewürgt. Sie starb am 03. März 2005.
Im Jahr 2002 bekamen Jills Eltern ihr erstes gemeinsames Kind, einen Jungen. Die Mutter war zu diesem Zeitpunkt 16, der Vater 18 Jahre alt. Beiden gelang es bis dato und auch in der Folgezeit nicht, einen Schulabschluss zu erreichen, eine Ausbildung zu beginnen oder eine Arbeitsstelle zu finden.
Sie lebten mit ihrem Sohn in einer Hochhaussiedlung, als Anfang 2005 die kleine Jill in die Familie geboren wird. Gewalt prägte bereits zu diesem Zeitpunkt die Beziehung der Eltern. Es kam immer wieder zu gewaltsamen Streitereien. Ein Neugeborenes trägt in solch einer Grundsituation meist nicht zur Besserung der Verhältnisse bei. So auch in diesem Fall.
Am 21. oder 22.02.2005 – Jill war gerade drei Wochen auf der Welt, fühlten ihre Eltern sich von ihrem Geschrei so massiv gestört, dass einer von beiden den Säugling nahm, schlug und würgte. Dabei platzte die Schädeldecke mehrere Zentimeter weit auf, es entstanden massive Hirnschäden. Anschließend legten sie das Mädchen in ihr Bett zurück und überließen sie fünf Tage lang ihrem Schicksal. In dieser Zeit, so gaben die Eltern später an, habe Jill nicht recht trinken wollen. Anzunehmen bleibt, dass sie bereits zuvor nur dürftig ernährt wurde. Denn als der Notarzt letztlich alarmiert wurde, war Jill völlig ausgetrocknet. Dies geschah jedoch erst, als das Paar bei seiner Tochter keinen Herzschlag mehr spüren konnte. Als sie in das Krankenhaus gebracht wurde, war Jill bereits klinisch tot.
Mithilfe der Reanimation und einer Intubation, also einer künstlich erzeugten Atmung, konnte das Baby noch eine Woche am Leben erhalten werden, ehe sie am 03.03.2005 verstarb.
Gerichtsurteil:
Zunächst gestand die Mutter, die Tat begangen zu haben. Es habe einen Streit zwischen ihr und ihrem Lebensgefährten gegeben. Während einer Diskussion sei Jill wach geworden und habe gestört. Deshalb habe sie das Baby hoch genommen, geschlagen und gewürgt. Sie kam in Untersuchungshaft und blieb, mit Ausnahme einer kleinen Unterbrechung, bis zum Prozessbeginn gut ein dreiviertel Jahr dort. Zu Beginn dieses Prozesses, dessen Anklage auf Körperverletzung mit Todesfolge sowie Misshandlung von Schutzbefohlenen lautete, widerrief sie ihr Geständnis jedoch und bezichtigte ihren Partner der Tat. Dieser wurde ebenfalls angeklagt, zunächst wegen Unterlassung. Er bestritt jegliche Beteiligung an der Tat. Anschließend beschuldigten sich beide Parteien gegenseitig, sodass es dem Gericht nicht möglich erschien, den tatsächlichen Täter zu benennen.
Letztlich forderte die Staatsanwaltschaft drei Jahre Haft nach Jugendstrafrecht für die Mutter und dreieinhalb Jahre nach Erwachsenenstrafrecht für den Vater. Die Anklage lautete nun auf Misshandlung von Schutzbefohlenen.
Am 20.12.2005 wurde das Urteil gegen die Eltern gesprochen. Die Mutter wurde zu zwei Jahren und vier Monaten nach Jugendstrafrecht verurteilt. Der Vater erhielt zwei Jahre und acht Monate. Der Richter betonte, dass Jill fünf Tage lang habe unglaublich leiden müssen. Da jedoch keiner der Eltern die Tat zugab, konnte kein anderes Urteil gefällt werden.
Im Zuge der Gerichtsverhandlung musste der Vater eine DNA-Probe abgeben. Diese fiel bei einer routinemäßigen Kontrolle der Datenbank auf und passte mit einer Vergewaltigung aus dem Jahr 2002 überein, die bis dato ungeklärt war. Der Vater wurde 2008 erneut angeklagt und – da noch in Haft befindlich – zu einer Gesamthaftstrafe von 6 Jahren nach Jugendstrafrecht verurteilt. Er gab die Vergewaltigung einer jungen Frau zu, betonte jedoch, dass es ihm, ebenso wie ihr, keine Freude bereitet habe. Die Tat sei nicht geplant gewesen, er habe sie lediglich ausrauben wollen. Währenddessen sei ihm die Idee zu dem sexuellen Übergriff gekommen. Das Leben der jungen Frau geriet durch diese Tat aus den Fugen – bis zum Prozess 2008 litt sie unter den Folgen.
Jills Mutter war zu Prozessbeginn gegen ihren Ex-Partner bereits aus ihrer Haft entlassen.
Der gemeinsame Sohn wurde unmittelbar nach der Tat in die Obhut einer Pflegefamilie gegeben.