Marvin

Dies ist die Geschichte von Marvin. Der Sechsjährige wurde 2006 von seiner Mutter in einem See ertränkt, kurz bevor diese sich selber das Leben nahm.

Marvins Geschichte ist anders, als die Geschichten, die wir sonst veröffentlichen und dennoch möchten wir sie wahren. Marvin ist in einem guten Elternhaus aufgewachsen und wurde geliebt. Er wurde nie misshandelt und doch getötet. Warum seine Mutter ihn mit in ihren Tod nahm, wird nie geklärt werden können.

Marvins Eltern lebten in einem kleinen Dorf im Vogelsbergkreis, er hatte eine ältere Schwester, die bereits 15 Jahre alt war und ihren kleinen Bruder sehr liebte. Die Familie war im Dorf bekannt und beliebt, man traf sich auf Festen und half sich gegenseitig, wenn Hilfe gebraucht wurde. Der Vater arbeitete als Schlosser, die Mutter war Altenpflegerin. Jeden Morgen ging Marvin an der Hand seiner Schwester zum Schulbus. Er besuchte eine Vorschulklasse und hatte viele Freunde.

In der Nacht zum 16.10.2006 stieg Marvins Mutter mit ihm in das Familienauto. Sie fuhren zu einem nahegelegenen See, Marvin war in seine Kuscheldecke eingewickelt. Seine Mutter nahm sie ihm ab, legte sie ans Ufer des Sees. Ebenso zog sie ihre Schuhe aus, stellte sie neben die Decke. Was dann geschah, bleibt im Unklaren. Möglicherweise ertränkte sie den Jungen oder liess ihn allein im See zurück. Sie selbst stieg nass in ihr Auto zurück und raste wenige Kilometer weiter mit überhöhter Geschwindigkeit in eine Kurve. Dort überschlug sie sich und landete mit ihrem Auto auf einem Feld. Der Wagen fing Feuer. Sie verstarb noch an der Unfallstelle.

Die eintreffenden Hilfskräfte erfuhren erst durch den Vater, dass auch Marvin verschwunden war und nahmen an, dass sich dieser ebenfalls mit im Auto befunden habe und bei dem Aufprall hinausgeschleudert wurde. Polizei, Feuerwehr und freiwillige Helfer durchsuchten anschließend das umliegende Wald – und Wiesengebiet nach Marvin.

Eine Spaziergängerin fand zwei Tage nach dem Geschehen die Decke und die Schuhe der Mutter am See und informierte die Polizei. Am Abend des 18.10.2006 konnten Taucher die Leiche aus dem kleinen See bergen. Marvins Mutter hatte Abschiedsbriefe hinterlassen, die einen „erweiterten Freitod“ unterstützten. Ob deren Inhalt erklärte, weshalb Marvin auch sterben musste, wird der Öffentlichkeit vorenthalten bleiben.