Dies ist die Geschichte von Philip aus Hiddenhausen. Philip wurde im Alter von nur zehn Monaten von seinem Vater so schwer misshandelt, dass er kurz darauf im Krankenhaus verstarb.
Der Vater war in der Nacht zum 20. November 2011 mit Philip alleine in der Wohnung von Philips Mutter. Diese hatte sich nach kurzer Zeit schon von Philips Vater getrennt und wollte den Jungen zunächst alleine großziehen. Um dem Kind aber ein intaktes Familienleben geben zu können, hatte sie wieder Kontakt zu Philips Vater aufgenommen. Zuvor hatte sie beim Jugendamt um Hilfe bei der Erziehung des Kindes gebeten, was aber nicht ungewöhnlich war.
Die Mutter sorgte gut für Philip, was auch das Jugendamt bestätigte. Es gab keine Anhaltspunkte für eine Gefährdung des Kindeswohls und die junge Frau war bereits volljährig, so dass es letzten Endes ihre eigene Entscheidung war.
Diese verhängnisvolle Nacht war die erste, in welcher der Vater wieder bei seinem Sohn übernachten sollte. Die Mutter war an diesem Abend bei einer Freundin, hielt aber über E-Mail Kontakt zum Vater, da sie sich um den Jungen sorgte. Der Vater versicherte ihr aber, dass es dem Kleinen gut gehe. Der Vater hatte an diesem Abend in der Wohnung zusammen mit einem Arbeitskollegen erhebliche Mengen Alkohol getrunken, darunter auch eine Flasche 54-prozentigen Rum. Ein späteres Gutachten ergab auch einen Alkoholwert von 1,7 Promille.
Durch Philips Schreien wurde der Vater in der Nacht geweckt, und als sich der Junge nicht beruhigen ließ, kam es schließlich zu der schrecklichen Tat. Philip wurde von seinem Vater erst zweimal vom Bett auf den Steinfussboden geworfen, dann mit der Faust in den Bauch geschlagen, geschüttelt und sogar gebissen. Das hatte unter anderem eine massive Hirnblutung zu Folge, in deren Verlauf der Junge später im Krankenhaus an Herzversagen starb.
Der Arbeitskollege im Nebenzimmer hatte wohl von all dem nichts mitbekommen, er wurde von dem Vater mit den Worten „Mein Kind atmet nicht mehr“ geweckt. Der Vater rief dann auch um 3:00 Uhr den Notarzt.
Die Notärzte vor Ort und im Krankenhaus bemerkten sofort die schweren Verletzungen des kleinen Jungen und verständigten noch in der Nacht die Polizei, die die beiden Männer vorläufig festnahm. Der Kollege kam aber wieder frei, da er definitiv nichts mit der Tat zu tun hatte. Der Vater versuchte zunächst, das Ganze als Unglücksfall darzustellen, gab aber später in einer zweiten Vernehmung mit dem Ergebnis der Obduktion konfrontiert, zumindest die Schläge zu.
Gerichtsurteil:
Bei der Verhandlung am 21. Juni 2012 vor dem Bielefelder Schwurgericht wurde der Vater zu einer Haftstrafe von zehn Jahren und der Unterbringung in einer Entzugsanstalt verurteilt. In der Verhandlung wurde neben den Zeugen auch der psychiatrische Gutachter gehört, welcher dem Angeklagten eine „möglicherweise eingeschränkte Steuerungsfähigkeit“ bescheinigte, jedoch nicht hervorgerufen durch den Alkoholkonsum. Vielmehr sei der Angeklagte, der mehrfach einschlägig vorbestraft war, ein impulsiv-aggressiv handelnder Mensch, der „Kriminalität als eingelaufenes Verhaltensmuster zeigt“. Auch die Version des Unglücksfalls konnte durch medizinische Gutachten endgültig widerlegt werden.
Die Mutter und ihre Anwältin hatten als Nebenkläger zwar lebenslange Haft gefordert, aufgrund der genannten eingeschränkten Steuerungsfähigkeit kam aber eine Verurteilung wegen Mordes aus niederen Beweggründen nicht in Frage, so der Richter in der Urteilsbegründung.
„Keine Strafe erweckt Philip wieder zum Leben“ , sagte der Richter abschliessend zur Mutter des Jungen, und empfahl ihr eine Therapie, um das Geschehene verarbeiten zu können. Quelle: nw-news, 22.06.2012